MAKE IMPERIALISM HISTORY! Internationale Solidarität gegen Krieg, Entrechtung und Unterdrückung!

Aufruf der interventionistische Linke (iL) zur Afghanistankonferenz "Petersberg II" - lange Fassung
Make Imperialism History
Plakat: Afghanistankonferenz
Am 5. Dezember 2011 findet die Afghanistankonferenz "Petersberg II" in Bonn statt. Zehn Jahre nach der ersten Konferenz will sich die Kriegskoalition, die weiterhin in Afghanistan einen dreckigen Krieg führt, groß feiern. Dieses Jahr jährt sich aber auch zum 10. Mal 9/11. Das Datum steht nicht nur für tausende Tote in den USA, sondern es ist der Start des so genannten „Krieges gegen den Terror“. Der 11. September 2001 wurde zum Startschuss einer neuen Runde von militärischen Interventionen der Nato-Staaten, mit denen nach neo-kolonialistischer Manier Protektorate zur neoliberalen Durchdringung geschaffen und vermeintlich instabile Regionen im Griff gehalten werden sollen. Schon lange vor 9/11 waren die Einsatzpläne für den Angriff auf Afghanistan fertig. Ab dem 7. Oktober 2001 kam es zu einer US-geführten Intervention in Afghanistan. Am 8. Oktober sicherte der damalige Bundeskanzler Schröder (SPD) eigenmächtig der US-Regierung seine Unterstützung für deren Krieg "ohne Vorbehalt" zu. Heute ist bekannt, dass sich die damalige rot/grüne Regierung den USA regelrecht aufdrängte, um an diesem geostrategisch wichtigem Krieg teilzunehmen. Am 16. November 2001 stimmte der Bundestag mit der Mehrheit von Rot/Grün für den Kriegseinsatz, am 22. Dezember beschloss der Deutsche Bundestag mit überwältigender Mehrheit von SPD/Grünen/CDU/CSU/FDP grundgesetzwidrig die Entsendung von 1.200 Bundeswehrsoldat_innen nach Afghanistan. Doch schon vorher fand zwischen dem 27. November und 5. Dezember 2001 in Bonn unter Vorsitz des grünen Kriegsministers Fischers die erste so genannte Petersberg-Konferenz statt. An der Konferenz nahmen vier Delegationen verschiedener afghanischer Gruppierungen mit insgesamt 28 Delegierten teil, darunter gerade drei Frauen. Anwesend waren weiterhin Vertreter_innen der kriegsführenden Nationen und der UNO. Auf der Konferenz wurde die Machtverteilung nach der Entmachtung der Taliban beschlossen sowie die Grundlagen für die Besatzung Afghanistans geschaffen.

Zehn Jahre danach will sich die Kriegskoalition selber feiern. Insgesamt werden etwa 90 Delegationen mit 1000 Teilnehmern erwartet. Diesmal soll es darum gehen wie Afghanistan langfristig militärisch gesichert werden kann mit möglichst wenigen eigenen Soldat_innen. Mittlerweile ist der dortige Krieg für die beteiligten Staaten nicht nur finanziell aus dem Ruder gelaufen, sondern auch die steigenden Zahlen von eigenen toten Soldat_innen ein innenpolitisches Problem für die beteiligten Länder.
Währenddessen steigt nicht nur die Anzahl der zivilen Opfer, sondern auch die Gegnerschaft zum Militärbündnis. So kommen selbst Militärs zum Schluss, dass die Situation militärisch kaum zu gewinnen ist. Waren von Anfang an schon Warlords an der Regierung beteiligt, wird nun überlegt Teile der Taliban an der Macht teilnehmen zu lassen. Von einer Demokratisierung ist nicht viel zu bemerken, wie man allein an der Tatsache sehen kann, wie die letzten Wahlen manipuliert wurden um das gewünschte Ergebnis zu erhalten. Die Lebenssituation vieler Menschen hat sich in den zehn Jahren des Krieges dramatisch verschlechtert. Besonders betroffen sind auch in Afghanistan die Frauen. Die Frauenorganisation RAWA (Revolutionary Association of Women in Afghanistan) kritisiert offen die Besatzung des Landes und das Gebaren der afghanischen Politikerkaste aus Warlords, Drogenbaronen und Taliban. So hat sich an der Situation der Frauen seit der Besatzung nichts verbessert.

10 Jahre „Krieg gegen den Terror“

Nicht erst seit 2001 sind Kriege zentraler Bestandteil internationalen Krisenmanagements. Aus deutscher Sicht markierte der Jugoslawienkrieg die aktive Beteiligung an der Weltinnenpolitik der imperialistischen Staaten, in denen es auf der gegnerischen Seite keine Kriegsgegner gibt, sondern nur noch Terroristen, die keine Rechte mehr besitzen. 10 Jahre „Krieg gegen den Terror“ heißt auch 10 Jahre Entrechtung Folter, Hinrichtung, Vergewaltigung und Verschleppung.
Daran wird auch die extralegale Hinrichtung des Al-Qaida-Chefs Osama bin Laden im Mai nichts ändern. Die Liquidierung des „Gesichts des Terrors“ bedeutet keineswegs das Ende des lang andauernden „Krieges gegen den Terror“. Die anschließende mediale Inszenierung brachte vielmehr jene Praxis auf den Punkt, dass alle, die zu „Feinden“ erklärt werden, keine Menschenrechte und kein Lebensrecht besitzen. Eine Praxis die fest mit den Foltergefängnissen in Guantanamo und Abu Graib verbunden ist. Menschen, die zu „feindlichen Kombattanten“ erklärt werden, verschwinden, werden gefoltert und haben keine Chance auf einen Prozess mit Verteidigung. Unzählige Menschen wurden auf der Strasse gekidnapped und in Geheimgefängnisse nach Polen, Rumänien, Marokko, Pakistan, etc. gebracht, um sie dort besser foltern zu können. Und selbst auch in so genannte Schurkenstaaten wie Syrien und Lybien wurden Entführte verbracht. Deutschland gestattete nicht nur Start- und Überflugrechte für solche Folterflüge, sondern unterstützte diese Praxis. Weder Rot/Grün noch die CDU/FDP Regierung zeigt Interesse an der Aufklärung. Viele Staaten lassen Menschen in solchen Gefängnissen außerhalb jeder Legalität verschwinden. Der von den USA ausgerufene Globale Krieg gegen den Terrorismus hat die Praxis weiter verstärkt.
Die Liquidierung von bin Laden war nur der mediale Höhepunkt. Täglich werden Angriffe mit Drohnen in verschiedenen Ländern geflogen. Allein in Pakistan wurden so bis jetzt über 2.000 Menschen ermordet, von denen man in den Medien nur selten lesen kann. Monoton wird danach behauptet, dass alle dabei Getöteten Terroristen seien. Neutrale Untersuchungen kommen jedoch auf mehrere hundert Zivilisten, deren Tod billigend in Kauf genommen wird. Mit den Drohnenangriffen ersparen sich die Militärs Kosten für die Festnahmen und langwierige Gerichtsverfahren mit eventuellen Freisprüchen. Jeder_m, der_ie sich den Wirtschafts- und Politikinteressen offensiv in den Weg stellt, wird das Lebensrecht abgesprochen.
Die Bilder, die uns aus den „öffentlichen“, zur Schau gestellten und aus den geheimen Gefängnissen via Presse erreichen, geben uns nur einen kleinen Einblick. Auch wenn die Macht über die Bilder den westlichen Kriegsstrateg_innen hin und wieder entgleiten, gehört die gezielte Inszenierung von Folter und Misshandlung zum festen Bestandteil der Propaganda, die zur Normalisierung der Kriegsführung dient. Folter soll wieder öffentlich legitimiert und ihre Akzeptanz nicht nur im militärischen Bereich durchgesetzt werden.

Der permanente Ausnahmezustand

Der „Krieg gegen den Terror“ war von Anfang an als ein zeitlich und räumlich unbegrenzter Militäreinsatz gedacht, der keiner langfristigen Strategie folgt, sondern der Logik des permanenten Krisenmanagements. Wo es keine langfristigen Lösungen gibt, geht man von der dauerhaften Krise aus, die es zu beherrschen gilt. Das ist in Afghanistan und im Irak nicht anders als in Libyen oder sonst wo. „Krieg gegen den Terror“ und die vermeintliche „humanitäre Intervention“ sind die zwei zentralen Legitimationsmuster für dieselbe militärische Strategie.
Der Ausnahmezustand ist von den Machthabenden der imperialistischen Staaten geschaffen, gewollt und längst Teil der demokratischen Praxis. Der Ausnahmezustand ist zum Dauerzustand geworden, um nicht nur nach Belieben mit den Ängsten der Bevölkerung zu spielen, sondern um Freiheitsrechte einschränken zu können. Seit 9/11 und dem erklärten Krieg gegen den Terror wurden in allen Ländern massiv Rechte eingeschränkt und Gesetze erheblich verschärft. Dabei nähern sich die Zustände in den angeblich demokratischen Staaten immer mehr den vermeintlichen „Schurkenstaaten“ an.
Der globale Krieg bestimmt die Weltinnenpolitik, um die vielfältigen sozialen und politischen Krisen in den Griff zu kriegen oder zumindest zu verwalten - nicht umsonst nennen die militärstrategischen Richtlinien der Bundeswehr und der Nato die Sicherung der Rohstoff- und Handelswege weltweit als strategische Ziele. „Das Zentrum für Transformation der Bundeswehr“ geht in seinen strategischen Studien von einer dauerhaften politischen Destabilisierung der sozialen Verhältnisse weltweit aus und der zunehmende Notwendigkeit permanenter militärischer Interventionen zur Aufrechterhaltung von Produktionsstandorten, Handelswegen und Absatzmärkten.

Krisenkriege

Der Kapitalismus verspricht schon lange nicht mehr Entwicklung und zunehmenden Wohlstand für alle: Die ständige Konkurrenz um Marktanteile und knapper werdende Ressourcen eskalieren die Widersprüche. Die globalen kapitalistischen Produktionsverhältnisse und ihre militärische Absicherung sind deshalb dauerhaft zwei Seiten einer Medaille. Wie krisenhaft der Kapitalismus ist, dass können wir zur Zeit so deutlich wie seit Jahrzehnten nicht mehr beobachten. An die Stelle eines, wenn auch nie eingelösten, Wohlstandsversprechens für Alle tritt eine zunehmende Militarisierung und Brutalisierung der gesellschaftlichen Verhältnisse. Das kapitalistische System hat keine Perspektive mehr außer der permanenten Verwaltung der Krise. Gerade in solchen Zeiten wird das Unterdrückungs- und Ausbeutungsverhältnis zwischen den Metropolen und den rohstoffreichen armen Ländern zunehmend durch militärische Gewalt bestimmt. Vor diesem Hintergrund führen wirtschaftliche und geostrategische Interessen zu Angriffskriegen. Das gilt angesichts des imperialistischen Kampfes um Öl, Gas und andere Ressourcen – aber auch in Hinsicht auf die Folgen des Klimawandels. Kapitalismus ist ohne Krieg nicht zu denken, Krieg nicht ohne Vergewaltigung und Mord, und die globalisierte Kriegswirtschaft nicht ohne Hunger, Flucht, Vertreibung und Zwangsprostitution.
Immer mehr Menschen flüchten vor den elenden Zuständen, vor Verfolgung oder werden vertrieben. Waren es 2008 geschätzte 34 Millionen Menschen, sind es 2010 schon über 43 Millionen Menschen die auf der Flucht sind. Doch nur die wenigsten davon haben überhaupt nur die Chance die EU zu erreichen. Die EU antwortet auf Flucht und Vertreibung abermals mit einer weiteren Ausdehnung des Militärischen. Ein deutlicher Ausdruck ist die militarisierte europäische Migrationspolitik, die aufs Engste mit der herrschenden Sicherheits- und Kriegspolitik verflochten ist. Die operative Zusammenarbeit im Rahmen der europäischen Grenzschutztruppe Frontex ist darin genauso wesentlicher Bestandteil, wie die Internierung von Flüchtlingen in Lagern außerhalb der Festung Europa. Millionen von Euro werden an Länder gezahlt, damit sie Flüchtlinge abhalten nach Europa zu fliehen. Die europäischen Staaten machten die Unterstützung der libyschen Rebellen auch davon abhängig, dass sie genauso wie unter dem Diktator Gaddafi Flüchtlinge abhalten das Mittelmeer zu erreichen.
Es gibt in dieser Weltordnung keinen Friedenszustand, der ohne Krieg auskommt. Das Militär ist ein wesentliches Mittel des Krisenmanagements.
Der permanente Zwang zur Verwertung des angehäuften Kapitals führt inzwischen dazu, dass auch Ressourcen und Lebensgrundlagen wie der Zugang zu Wasser, zu Nahrung und zu Gesundheitsversorgung für einen immer größer werdenden Teil der Menschen nicht mehr bezahlbar sein werden. Davon gehen alle politisch-militärischen Strategiepapiere der imperialistischen Staaten aus. Die drohende Klimakatastrophe oder auch der Super-GAU von Fukushima zeigt ganz deutlich, dass dieser Zwang zur Verwertung die Zerstörung aller Lebensgrundlagen auf der Welt in Kauf nimmt. Ob durch Klimakatastrophen, Kriegseinsätze oder sozialem Elend, die Industrienationen produzieren die Ursachen für Migration und Vertreibung, auf deren Symptome sie dann mit einer zunehmenden Militarisierung ihrer Grenzen nach Außen und einem verschärften rassistischen Diskurs und Militarisierung nach Innen reagieren.

Der Aufstand in der arabischen Welt

Wie schnell und explosiv sich Revolten ausbreiten können, haben die Aufstände in der arabischen Welt gezeigt. Als Selbstbehauptung der Würde und der Freiheit eines und einer jeden ist die Revolte zugleich die direkte, gemeinsame und unmissverständliche Antwort der Menschen auf die fortlaufende Verschlechterung ihrer Lebensbedingungen, auf die fast täglich steigenden Preise für die nächsten Mittel des Überlebens wie auf den lebenslangen Vorenthalt von Arbeits- und Lebensperspektiven. Innerhalb weniger Wochen gelang es der Protestbewegung zuerst in Tunesien und anschließend in Ägypten einige seit Jahrzehnten im Sattel sitzende Diktatoren aus dem Amt zu jagen. Angesicht der rasanten Ausbreitung dieser Bewegung reagierte die westlichen Regierungen zunächst konfus und widersprüchlich. Weder wollten sie die jahrelangen treuen Verbündeten fallen lassen, noch konnten sie im Anbetracht brutaler Repression ohne Weiteres an ihnen festhalten. Und auch die vehemente Macht der Rebellion sorgte zumindest für Unsicherheit, da man nicht wusste mit wem man es zu tun ahtte. Schnell wurde der Schulterschluss zu dem Teil der nationalen Bourgeoisie gesucht, der sich in Militärrat und Übergangsregierung sammelte. Es zeigt sich hier wieder einmal die Doppelmoral des Westens, dem letztendlich die Menschen egal sind, so lange die Politik- und Wirtschaftsinteressen stimmen.
Wie wenig das Agieren westlicher Regierungen mit „Sympathien“ für Aufständische bestimmt ist, offenbarte das Weggucken auf der einen Seite, als Saudi-Arabien die Proteste in Bahrain niederwalzte und auf der anderen Seite unter dem Deckmantel der „humanitären Intervention“ militärisch in den libyschen Bürgerkrieg eingegriffen wurde. Besonders schamlos tat sich, ganz in der Tradition von Fischers Auschwitz-Vergleich im Jugoslawienkrieg, unter der Riege der deutschen Politiker einmal mehr mit Daniel Cohn-Bendit ein grünes Urgestein hervor, der die Situation in Libyen mit dem Warschauer Ghetto verglich.
Als der Vormarsch der Aufständischen von Bengasi aus immer weiter nach Westen Richtung Tripolis fortschritt und der Sturz des Despoten Gaddafi greifbar schien, versetzte das viele in Euphorie. Als dieser Vormarsch allerdings immer mehr ins Stocken geriet, gar ins Hintertreffen geriet und die Bilder von schlecht ausgerüsteten Rebellen um die Welt ging, die sich verzweifelt gegen die militärische Übermacht des Regimes aufbäumten, ließen sich auch viele Linke von der Forderung nach einer Flugverbotszone anstecken. Doch so zynisch das im Angesicht des grausamen Kriegsgeschehens klingen mag, muss klar sein, dass ein Aufstand gegen Unterdrückung auch in einer Niederlage enden kann. Ein Sieg durch die Hilfe der Intervention imperialistischer Mächte kann kein Sieg der Rebellion sein, sondern führt zur Enteignung ihrer Ziele. Die kriegführenden Nationen haben erneut gezeigt, dass sie sich nicht an Entschlüsse der UNO halten. Im Gegenteil, sie setzten sich weit darüber hinweg und griffen aktiv ins Kriegsgeschehen ein, was ihnen die UNO Resolution untersagte. Mit ihrer Intervention wollten sie Einfluss auf die Aufstandsbewegung erlangen, nachdem sie jahrzehntelang die Diktatur unterstützt haben. Für eine Linke zeigt das Beispiel Libyen das man oft genug Widersprüche aushalten muss. Wir kennen dies auch von anderen Kriegen. Sei es in Jugoslawien, Irak oder in Afghanistan. Gegen die Kriegseinsätze in Afghanistan zu sein, heißt nicht die Taliban zu unterstützen. Aber gerade dieses Beispiel zeigt, dass der Kriegseinsatz, der nun zehn Jahre dauert, im Grunde für die Menschen nichts geändert hat.

Widersprüche in den Metropolen

Inspiriert von den Revolten in der arabischen Welt – ganz nach dem Motto „Tahir-Plätze gibt es überall“ - ist die Protestbewegung auch in den westlichen Metropolen angekommen. Massenarbeitslosigkeit unter Jugendlichen, gesellschaftlicher Ausschluss armer Schichten und die aggressive Umverteilungspolitik von unten nach oben hat auch in den Industrienationen eine Armut hervorgebracht die von den „Verlockungen des Kapitalismus“ ausgeschlossen sind. Auch in den so genannten Industriestaaten wachsen die sozialen und wirtschaftlichen Spannungen. Im Zuge des Krisenmanagements der Herrschenden, haben die Versprechungen und Beschwichtigungen der Politik im Angesicht des anhaltenden Krisenzyklus seit 2008 an Glaubwürdigkeit verloren.
Die Staatsgewalt reagiert bei der Regulation der gesellschaftlichen Widersprüche innerhalb der Metropolen zunehmend auf diese Proteste mit unmittelbaren Zwangsformen. Die Militarisierung nach aussen bedeutet gleichzeitig auch die Militarisierung nach innen. Die Sozialrevolten wie beispielsweise in Frankreich oder Großbritannien sind ein eindeutiges Anzeichen für soziale Erosionen, denen nicht nur polizeistaatlich geantwortet werden soll, sondern auch militärisch. So werden Aufstandsbekämpfungen durch das Militär nicht nur geplant, sondern auch geprobt, damit sich hier nicht so etwas wie in der arabischen Welt abspielt. Der britische Premier propagierte offen die Kontrolle sozialer Netzwerke und hat den Einsatz der Armee gegen revoltierende Jugendliche in Erwägung gezogen. Maßnahmen, die von den selben PolitikerInnen gleichzeitig im arabischen Frühling als Mittel von Diktatoren gegeißelt wurde.

Deutschlands Rolle im imperialen Block

Deutschland ist seit 1999 wieder mit eigenen Truppen aktiv an Kriegen beteiligt. Es waren bezeichnenderweise der SPD Bundeskanzler Schröder und der grüne Kriegsminister Fischer die Deutschland völkerrechts- und verfassungswidrig Deutschland in den Krieg gegen Jugoslawien führten. Seitdem wurden die deutschen Kriegseinsätze systematisch ausgeweitet. Mittlerweile haben zehntausende deutsche SoldatInnen an Kriegseinsätzen teilgenommen. Trotz der enormen Kriegspropaganda sind Kriegseinsätze in der Bevölkerung unbeliebt. So wird der Krieg in Afghanistan weiterhin von der Mehrheit abgelehnt. Waren die ersten toten deutschen Soldaten noch Titelthema in der Presse, werden sie mittlerweile kaum noch wahrgenommen. Die Bevölkerung soll sich an Nachrichten von „gefallenen“ Soldaten gewöhnen. Die Kriegseinsätze wurden bisher immer humanitär begründet, was sie nie waren. In den so genannten Weißbüchern der Bundeswehr wurden sie schon immer mit wirtschafts- und geostrategischen Gründen gerechtfertigt. Dort werden auch weitere Kriegseinsätze angedroht. Mittlerweile hat die Kriegspropaganda sich geändert und humanitäre Aspekte sind in den Hintergrund getreten. Worüber Ex-Bundespräsident Köhler noch stolperte, war aus dem Mund von Kriegsminister Thomas de Maizière schon weit weniger skandalös: Kriege zur Sicherung von Wirtschaftsinteressen und Zugang zu Märkten und Rohstoffen gilt als wichtiges Ziel der Bundeswehr. Dieser Logik folgt beispielweise die Operation Atalanta, der Militäreinsatz gegen die Piraten am Horn von Afrika, aber auch der Einsatz in Afghanistan.
Um in Zukunft noch flexibler weltweit im Einsatz sein zu können setzt die Bundesrepublik in Zukunft auf eine Berufsarmee. Um die dafür benötige Anzahl an Freiwilligen zu rekrutieren, müssen die Werbemaßnahmen in Schulen und Arbeitsämtern noch deutlich intensiviert werden, denn schon jetzt fehlen der Bundeswehr die benötigte Anzahl von SoldatInnen. Deshalb sollen der Werbeetat und –maßnahmen erheblich ansteigen. Die Bundeswehr will sich dabei als ganz normaler Arbeitgeber präsentieren. Sie selbst bemängelt, dass antimilitaristische Kampagnen dagegen wirkungsvoll die Bundeswehr diskreditieren.
Auch wenn die Bundesrepublik aus Rücksicht auf die öffentliche Wahrnehmung nicht immer bereit ist, seine SoldatInnen an vorderste Front zu schicken, wie etwa im Feldzug in Libyen, oder sie oft genug Hilfe von anderen Armeen in Anspruch nehmen muss, wie zum Beispiel in Afghanistan, ist Deutschland mittlerweile aktive Kriegsmacht mit eigenen Interessen. Diese Interessen stehen manchmal auch im Widerspruch zu den USA. Zusammen mit Frankreich versucht Deutschland eine EU-Armee zu etablieren um in Zukunft eine eigenständige Militärpolitik zu betreiben. Dies erscheint jedoch nur vermeintlich als Widerspruch. Die USA, die mit weiten Abstand die höchsten Kriegsausgaben haben, fordern von den EU-Staaten eine massive Erhöhung der Wehretats, damit sie von den weltweiten Kriegskosten und -einsätzen personell und finanziell entlastet werden. So erscheint der Widerspruch eher als Arbeitsteilung und als normaler Konkurrenzkampf unter kapitalistischen Machteliten, die an den Tischen, wie der Petersbergkonferenz, den G8-Gipfeln oder der jährlichen Münchner SiKo- Konferenz ausgehandelt werden. Bei solchen Treffen geht es auch um Waffengeschäfte. Deutschland ist mit 11% Anteil weltweit der drittgrößte Waffenexporteur hinter den USA und Russland. Wie skrupellos Waffen „Made in Germany“ dabei in Krisengebiete und an Folterregimes geliefert werden, haben die jüngsten Skandale um Panzerlieferungen an das Despoten Regime in Saudi-Arabien gezeigt. Ebenfalls in Saudi-Arabien und Myanmar werden Sturmgewehre in Lizenz gefertigt und gelangen von dort aus in die Krisenregionen der Welt. Ein Rüstungsskandal löst den anderen ab. Ganz offen warb Bundeskanzlerin Merkel bei ihrer Reise im Sommer zu verschiedenen afrikanischen Staaten für deutsche Mordwaffen. Einer der Hauptabnehmer deutscher Waffen ist die Türkei, die diese seit Jahren in ihrem Krieg gegen Kurdinnen einsetzt. Immer mehr ist auch in Deutschland zu beobachten, dass bisherige Polizei- und Militäraufgaben an Privatfirmen übertragen werden. Der Krieg wird sozusagen privatisiert. Die Drecksaufgaben werden von Söldnern übernommen, die kaum einer Kontrolle unterliegen. Dies geschieht jedoch immer unter der Kontrolle der Auftraggeber. Als deutsche Sicherheitsunternehmen Polizei und Geheimdienstleute in Libyen schulten, wusste die Bundesregierung sehr wohl Bescheid.
Neben den Waffenexporten ist die Ausbildung von ausländischen Repressionskräften wie Polizei und Sicherheitsfachleuten durch deutsche Polizei und Rüstungs- und Sicherheitsfirmen ein wichtiger Aspekt um die Handelsbeziehungen zu Staaten abzusichern. So helfen deutsche Waffen und Ausbildung um aufkommende Proteste gegen despotische Herrschaftsregimes zu unterdrücken. Nichts stört mehr die Geschäfte als Unruhen und Aufstände, da sieht Deutschland gerne mal über Menschenrechte hinweg.
Neben dem outsourcing von militärischen Aufgaben wird die so genannte zivil-militärische Zusammenarbeit (ZMZ) immer bedeutender. Es beschreibt das Zusammenwirken von nichtstaatlichen zivilen Organisationen (NGOs)mit denen des Militärs. Die NGOs sind dabei widersprüchlich. Insgesamt betrachtet sehen sie das Zusammenwirken als problematisch an, da die zivilen und militärischen Unterschiede verschwimmen. Es ist aber zu beobachten, dass einige sich bereitwillig der Führung der Bundeswehr unterwerfen und somit ein Bestandteil der militärischen Strategie werden. Grosse NGOs wurden im Vorfeld des Krieges gegen den Irak aufgefordert um Flüchtlingslager aufzubauen die dann wiederum militärisch bewacht wurden um zu verhindern, dass Flüchtlinge sich auf den Weg nach Europa machen. Weigern sich NGOs sich in die Militärstrategie einbinden zu lassen, droht Entwicklungshilfeminister Niebel, der sich gerne mit Käppi aus seiner Gebirgsjägerzeit ablichten lässt, ihnen die Gelder zu streichen.

Konsequent gegen Imperialismus und Krieg

Eine Linke, die nicht Komplizin des globalen Ausnahmezustands sein will, sollte sich dem „Krieg gegen den Terror“, oder wie die Kriege in Zukunft genannt werden, eindeutig und unmissverständlich entgegenstellen und damit gegen jede Form von extralegalen Hinrichtungen, Todesstrafe, Folter und extralegalen Gefangenenlagern, wie in Guantanamo, eintreten. Es gibt keinen humanitären Krieg: Die Intervention der NATO in Libyen markiert lediglich den Zynismus der Mächtigen: Verantwortlich für die Massaker sind nicht nur die Diktatoren, sondern jene PolitikerInnen und KonzernmanagerInnen und AktionärInnen, die seit Jahrzehnten die Waffen liefern und die dortigen Militärs und Folterknechte ausbilden. Gleichzeitig werden die Menschen, die vor den Bomben der „humanitären Intervention“ fliehen, von der Grenzschutzagentur Frontex gejagt.
Es ist die Logistik des Krieges, der Waffenindustrie und der inneren wie äußeren Aufstands- und Migrationsbekämpfung Deutschlands und der EU-Staaten, die Ziel unserer Politik und Praxis werden sollte. Eine radikale Linke muss gegen diese Logik des imperialen Ausnahmezustands eindeutig Position beziehen. Deshalb rufen wir dazu auf sich an Aktionen gegen die Afghanistankonferenz zu beteiligen. Bei dieser Konferenz wollen sich die Beteiligten über den Einsatz in Afghanistan feiern, während die dort lebenden Menschen weiterhin in Elend und Unsicherheit leben müssen und häufig den Tod fürchten müssen.

Beteiligt euch an den Protesten gegen die Afghanistankonferenz vom 3. bis 5. Dezember nach Bonn!

Für eine antimilitaristische und internationalistische Bewegung!

Interventionistische Linke, September 2011