Nur eine erste Warnung.

Redebeitrag der Interventionistischen Linken beim Ent-Führungstreffen 20. November 2009

Heute und morgen treffen sich die Topmanager, die Aufsichträte und die Spitzenpolitikerinnen zum elitären Plausch im noblen Hotel Adlon - dies knapp ein Jahr nach dem Crash auf den Finanzmärkten. Sie, die Propagandisten des „Freien Unternehmertums“ und der „Eigenverantwortung“ haben die Karre gehörig an die Wand gefahren. Zur vorläufigen Bilanz der neoliberalen Entführungsfahrt zählen die Milliardenverluste der KleinanlegerInnen, die Millionen Arbeitlosen, die drastische Zunahme von Armut und Hunger und der drohende Klimakollaps.

Die ökonomischen Eliten haben jahrelang am Steuer gesessen, trunken durch die Aussicht auf grenzenlose Profite. Die politischen Eliten haben den Weg geebnet und einen komfortablen Airbag für die Banker und die Manager geschaffen. Ungedämpft hingegen prallen die Menschen im globalen Süden auf. Hier im Norden haben die Arbeitnehmerinnen und Arbeitslosen durch Kurzarbeitergeld und Konjunkturpaket etwas Schonfrist bekommen. Geht es nach den Eliten, sollen wir aber alle zur Knautschzone der Weltwirtschaft werden.
Jedoch sind von dem ökonomischen Spitzenpersonal auch kritische Töne zu vernehmen, so lautet ein Programmpunkt: „Vorbild oder Buhmann: Manager in schwierigen Zeiten“. Der SZ-Führungstreffen Referent Hans-Werner Sinn erklärte dazu:
"In jeder Krise wird nach Schuldigen gesucht, nach Sündenböcken. Auch in der Weltwirtschaftskrise von 1929 wollte niemand an einen anonymen Systemfehler glauben. Damals hat es in Deutschland die Juden getroffen, heute sind es die Manager.“
Dies spricht für perfide Selbstinszenierung als eigentliches Opfer der Wirtschaftskrise. Die Gleichsetzung der Managerschelte mit der systematischen Vernichtung der Jüdinnen und Juden. Jedoch fragt auch in diesem Jahr das Führungstreffen: „Täter oder Opfer: Die Rolle von Banken und Investoren“

Dieser als Frage getarnte Appell an unser Mitleid wird ungehört bleiben. Wir werden kein Stockholm-Syndrom bekommen und unsere Entführer auch noch lieben. Hans-Werner Sinn hat recht. Es handelt sich bei der Krise um einen Systemfehler.
Wir wissen, dass es nicht zentral um die Schuld oder Unschuld einzelner RepräsentantInnen des kapitalistischen Systems geht. Es geht um ein System, dass Menschen nur als Kostenfaktor ansieht!
Ein System welches 1,2 Milliarden hungernde Menschen als Kollateralschäden in Kauf nimmt. Dennoch verachten wir nicht nur dieses perfide System, sondern auch die Protagonisten und Institutionen aus Politik und Wirtschaft. Sie, die sich jeden Tag aufs neue bemühen diese Wirtschaftsordnung und Gesellschaftsordnung aufrecht zu erhalten. Jeden Tag wird der abstrakte „Zwang der Verhältnisse“ perfektioniert und als Selbstzwang verfeinert und in unsere Köpfe und Körper integriert.
So fungiert das Bertelsmann´sche Centrum für Hochschulentwicklung als heimliches Bildungsministerium  und als Taktgeber bei der Einübung von Konkurrenzverhältnissen. Da steht dann Uni gegen Uni im Ranking. Da konkurieren Fachbereich gegen Fachbereich um Finanzen. Und Studierende konkurieren mit ihren Kommilitonen um die wenigen Masterstudienplätze.

Die Verhältnisse sind also nicht subjektlos. An vielen Stellen finden sich Ansatzpunkte für eine Kritik der Verhältnisse. Eine Kritik die nicht nur theoretisch bleibt. Das Führungstreffen der deutschen Wirtschaft schließt mit einer Veranstaltung unter dem Titel: „Rezession-Inflation-Depression: Was kommt?“ Die Krise wird auch hierzulande eine soziale Zuspitzung nach sich ziehen. Auch wenn die neue schwarz-gelbe Regierung noch Gut-Wetter-Politik macht und eine wirtschaftliche Erholung herbei reden will. Die Milliardengeschenke für Banken und Automobilkonzerne müssen refinanziert werden. Dafür haben die PolitikerInnen mit Schuldenbremse und Maastrichtkriterien selbst gesorgt.
In helle Panik geraten die Eliten, sobald von sozialen Unruhen gesprochen wird. Wir jedoch fürchten die soziale Unruhe nicht! Wir wollen kämpfen!
Wir werden uns diese Führung nicht mehr gefallen lassen. Wir wollen keinen Sozialabbau, keine Privatisierung, keine Kopfpauschale und keine Lohnkürzungen!
Wir fordern: Einschluss für die VerwalterInnen des sozialen Ausschlusses!
Unser heutiges Ent-Führungstreffen ist nur eine erste Warnung. Wir sagen der Verwertungslogik und ihren SachzwangverwalterInnen sowie den ProfiteurInnen den Kampf an: Stürmen wir die Buffets der Privilegierten!
Lassen wir uns nicht mit den Brotkrumen von Ämtern und Arbeitgebern abspeisen!
Nehmen wir unser Schicksal in die eigenen Hände!
Der Kapitalismus ist nicht das Ende der Geschichte!