Freude und Wut zu Beginn unserer Caravana der Solidarität

Erster Tag, keine Illusionen: Unser Besuch bei Genoss*innen des CdP (Congreso del pueblos) und RedHer (Red de la Hermandad) beginnt in Bogotá - mit drei Besuchen, die uns einen Einblick geben und uns erste neue Freundschaften knüpfen lassen. Gleichzeitig wird die Struktur der Genoss*innen in Tolima angegriffen. Unbekannte zerschlagen in der Nacht das Dach des Gemeinschaftshauses des CdP im Dorf Libanó im südlichen Bundestaat. Das Haus wird durchsucht und vollständig verwüstet, Dokumente werden entwendet und zerstört. Der Kontext: Die ohnehin schwierige Lage im sogenannten “Postkonflikt” mit sich erneut zuspitzenden Bedrohungen, Menschenrechtsverletzungen und Morden an Aktivist*innen, von denen uns  nahezu alle Genoss*innen in den ersten Gesprächen hier berichten.

Wir sorgen uns um unsere Freund*innen, Genoss*innen und Bekannte. Gemeinsam mit ihnen fordern wir die Garantie ihrer Sicherheit! 

https://interventionistische-linke.org/beitrag/fur-einen-dauerhaften-frieden-kolumbien

Luchando por un buen Vivir

Unsere ersten drei Besuche beeindrucken auch von anderer Seite: Ja, in Kolumbien wird gekämpft - aber ungebrochen auch um Räume der Wahrheit, des Aufbruchs und des Widerstands gerungen und von diesen aus weit über die konkreten Kampffelder hinaus geblickt.

Bei den Madres de Soacha erzählten zwei Mütter von ihrem jahrelangen Kampf um Aufklärung und gegen Straflosigkeit. Ihre Söhne wurden vom Militär entführt und ermordet, um sie dann wahrheitswidrig als im Kampf getötete Guerilleros zu präsentieren - mindestens mit Wissen und Zustimmung des damaligen Verteidigungsministers und jetzigem Präsidenten Santos, der kürzlich den Friedensnobelpreis verliehen bekam.

In einem Arbeitseinsatz bei dem Kollektiv Amauta konnten wir in Gemeinschaftsgärten in dem Stadtteil Bogotás, Ciudad Bolivar, in der Praxis erleben, wie der Kampf für Umweltbewusstsein und Stadtteilarbeit produktiv gegen die paramilitärische Präsenz im Viertel und Extraktivismus im urbanen Raum realisiert werden kann.

Mit der Asamblea Sur lernten wir Prozesse der kollektiven Organisierung in einem der ärmsten Vierteln von Bogotá kennen: Alles, jegliche Infrastruktur in diesem Viertel - und ausschließlich aus irregulären Siedlungen von im Bürgerkrieg Vertriebenen bestehend, wurde sich Schritt für Schritt von ihnen erkämpft. Wir haben erfahren, wie ihre Lebensbedingungen durch die Verschränkung von Kirche, Paramilitärs und korruptem Staat beeinträchtigt werden und wie sie dennoch und deswegen ihren Kampf gegen das unmittelbare Unrecht international denken und praktisch werden lassen: gemeinsam, streikend mit den Arbeiter*innen aus illegalen aber von transnationalen Konzernen betriebenen Mienen, und mit den Bewohner*innen und Kindern des Viertels.

Die Bilder: Unsere ersten Eindrücke, Momente der Trauer und Freude - gemeinsam und unter dem Motto, mit dem wir eingeladen und angereist sind: grenzenlose Freundschaft - Hermandad sin fronteras. Ihr werdet von uns hören ...