We know you don’t want her. We don’t want her either! (de/en)

iL Solidaritätsstatement zu Griechenland und Reaktionen

Solidarity Statement of the Interventionist Left

We know you don't want her. We don't want her either!

On the occasion of chancellor Merkel's visit to Greece we express our solidarity with and our admiration for the struggle of the Greek people: We stand behind you!
Pretending to support Greece, Merkel is pushing forward devastating neoliberal politics all around Europe. We deeply oppose the German austerity policy that is destroying Greece and the livelihood of the Greek population, and we welcome the increasing number of people that carry their rage to the streets.
Your courage gives us hope and even more reasons to criticize and to fight the German government and the German business.
The complete ban on protests and assemblies in the Athens city center is a political move that disgusts us - social rights have been taken away from the Greek people, and now in the interest of Merkel's visit, the few remaining rights of expression are being denied. Today's massive police presence shows us once again that the Troika-regime does not and has never cared about people's needs, its
sole objective is to protect capitalist power.
Neither austerity policies nor repression can stop the struggle of people moved by the idea of a better life without capitalism. Our
solidarity doesn't know national borders, solidarity is a weapon! We have to use it!

... another world - another europe is possibile!

interventionistische Linke (iL), 09.10.12

 

Brief aus Athen: "Eure Soliadresse ist in Griechenland gut angekommen..."

Liebe Genossinnen und Genossen,
hier eine Rückmeldung zu Eurer Soli-Adresse. Sie ist in Griechenland sehr gut angekommen und über alle möglichen Listen gelaufen.
Es ist nicht ganz richtig, daß alle Proteste in der Innenstadt verboten gewesen wären ("The complete ban on protests and assemblies in the Athens city center…"), obwohl das von vielen auch in Athen selbst so verbreitet worden ist. Es war "nur" eine große Bannmeile um den Anfahrtsweg, das Tagungshotel, die Deutsche Botschaft in Kolonaki und das Restaurant, in dem das Arbeitsessen stattfand, festgelegt worden. Die Kundgebung auf dem Syntagma-Platz fand aber, wie von Gewerkschaften und linken Parteien beschlossen, statt und war richtig massenhaft besucht.

Was die griechische Polizei von der deutschen gelernt hat und in den letzten Jahren mehr und mehr praktiziert, ist das präventive Festhalten von DemonstrantInnen. D. h. es werden schon weit vor dem  Kundgebungsplatz bzw. in den Außenbezirken Leute kontrolliert und auch dem Polizei-Hauptquartier (GADA) in der Alexandras-Str. zugeführt.
So es hat es auch vier GenossInnen vom Diktyo "erwischt", die mit Megaphon sowie einer größeren Menge Gesichtsmasken und Schweißerbrillen (hauptsächlich für Leute, die nicht im Diktyo sind, sich uns aber anschließen) wegen des zu erwartenden Tränengaseinsatzes unterwegs waren. (Hier für die, die Griechenland und die hiesigen Besonderheiten kennen, ein Schmankerl: drei der Festgenommenen sind erst einmal in die GADA gebracht und dann nach Personalienfeststellung mit allen Sachen wieder laufen gelassen worden. Kaum waren sie ein paar hundert Meter die Alexandras-Str. runter gelaufen, wurden sie von denselben Bullen wieder festgenommen und noch mal zur GADA gebracht. Ansage: "Wir haben Euch zwar laufen lassen, aber nicht, damit Ihr mit den Sachen wieder durch die Stadt rennt." Nach ner halben Stunde waren sie dann wieder draußen, wobei ihnen nahe gelegt wurde, diesmal ein Taxi zu nehmen, weil sie sonst gleich wieder "drin" wären...)

Diese Kontrollen waren wohl auch der Grund, daß die Anarchie nicht massenhaft vertreten war. Die Polizei meldete über 200 Zuführungen zur GADA, wobei darunter auch völlig Unbeteiligte waren. Es kam wie immer zu Auseinandersetzungen zwischen Polizei und einigen Dutzend Anarchisten auf dem Syntagma-Platz; sie hatten aber nicht annähernd die Ausmaße wie bei anderen Gelegenheiten.

Am Rande: Gestern ist auch die Athener Dependance der Rosa-Luxemburg-Stiftung eröffnet worden. Hauptredner Riexinger und Tsipras. Anwesend u. a. auch die Linken-Abgeordneten Groth und Hunko.
War Thema in vielen Medien und blogs hier nach dem Motto: Es sind halt nicht alle Deutschen so wie Merkel. Auch der Umstand, daß die Linken-Abgeordneten mit auf dem Syntagma-Platz demonstrierten, verfehlte nicht seine Wirkung.
Tsipras' Rede bei Rosalux ist heute auch in vielen mainstream-Medien Gegenstand von Erörterungen, zumal er seit langer Zeit mal wieder etwas offensiver aufgetreten ist und z. B. auch von der Alternative "Sozialismus oder Barbarei" gesprochen hat.

Die Wörter "Sozialismus", "Klasse" (geschweige denn "Klassenkampf"), "Umsturz" o. ä. kommen bei Tsipras seit den Wahlen im Mai/Juni (bei denen Syriza Haupt-Oppositionspartei wurde) nicht mehr vor. Dagegen heißen die Vokabeln nun "wirkliche Demokratie", "zum Nutzen des griechischen Volks" (wobei der Begriff "Volk" hier nicht den negativen Beigeschmack hat wie in Deutschland), "demokratisches Europa". Bei Syriza bereitet man sich darauf vor, dass Merkel und Hollande im Laufe des kommenden Jahres Griechenland fallen lassen, in der Folge zwangsläufig Neuwahlen anstehen, bei denen Syriza dann wohl gewinnen würde.

Unerfreuliche Entwicklung ist diese weitere "Sozialdemokratisierung". Noch sind wir nicht bei Schröder und Blair; aber ob es der innerparteilichen Linken bei Syriza gelingen wird, die Entwicklung dahin aufzuhalten, wage ich persönlich zu bezweifeln, mögen auch viele GenossInnen im Diktyo anderer Meinung (oder besser: "Hoffnung") sein.