Warten wäre Wahnsinn

Der Kapitalismus kann den Klimawandel nicht stoppen – wir zusammen schon

Aus der "iL-giornale Nr. 2": Der Klimawandel ist eine vom Menschen gemachte Krise von globalem Ausmaß. Heute, bei einer globalen Erwärmung um ca. 1° Celsius, leiden bereits Millionen Menschen unter seinen Folgen. Sie treffen die Ärmsten der Welt am schwersten und verwüsten zudem überproportional stark den globalen Süden. Dadurch sind diejenigen, die am wenigstens zum Klimawandel beigetragen haben, am stärksten betroffen. Die Klimafrage ist deshalb eine Frage der sozialen Gerechtigkeit.

Die Hitzewelle diesen Sommer vermittelt uns auch im globalen Norden ein Gefühl dafür, was die Zukunft bereithält.
Die weltweite Staatengemeinschaft hat sich beim Klimagipfel 2015 darauf geeinigt, die Erderwärmung auf einen globalen Mittelwert von 2° Celsius zu begrenzen. Um dieses Ziel zu erreichen, müssten Treibhausgasemissionen rasant reduziert werden. Doch tatsächlich passiert das Gegenteil: Die weltweiten Emissionen wachsen weiter. Auch das vermeintlich vorbildhafte Klimaland Deutschland wird seine Klimaziele 2020 krachend verfehlen. Mit fossilen Energien lässt sich eben noch blendend Geld verdienen. So wird etwa am Hambacher Forst der Braunkohletagebau erweitert und in Stade soll sogar ein neues Kohlekraftwerk gebaut werden.
Das Zeitfenster zum Handeln schließt sich schnell. Das Risiko eines unkontrollierbaren Klimawandels steht vor der Tür, wenn Kohle, Öl und Gas nicht im Boden bleiben. Diese so einfachen wie wichtigen ersten Schritte zur Erfüllung der Klimaziele sind im Kapitalismus mit seinen Zwängen zu Wachstum, Profitmaximierung und Konkurrenz allerdings nicht realisierbar. Das belegen die gescheiterten Versuche kapitalistischen „Klimaschutzes“ der letzten Jahrzehnte eindeutig. Um trotzdem Handlungsfähigkeit zu simulieren, werden zweifelhafte und technisch aufwendige Lösungen ins Feld geführt. Selbst renommierte Wissenschaftler_innen brauchen in den allermeisten Zukunftsszenarien, in denen der kapitalistische Zwang zu Profit und Wachstum berücksichtigt wird, „Wunderwaffen“ um das gesetzte Klimaziel von 2° Celsius zu erreichen. Von zentraler Bedeutung sind vor allem sogenannte Negative Emissionen, bei denen mit Hilfe verschiedener Technologien der Atmosphäre wieder CO2 entzogen werden soll, um es in unterirdischen Lagerstätten oder den Tiefen des Ozeans zu speichern. Die wichtigste solcher Technologien, die Kombination von Bioenergie mit der unterirdischen Speicherung von CO2 (BECCS), würde z.B. aufgrund einer begrenzten Zahl landwirtschaftlicher Flächen auf der Erde direkt mit der Produktion von Nahrungsmitteln konkurrieren. Auch ist noch völlig unklar, wie das CO2 über Jahrhunderte unter der Erde gehalten werden soll. Negative Emissionen werden trotz alledem schon fest eingeplant und gehören sogar noch zu den „realistischeren“ und „ungefährlicheren“ Ideen, mit denen das Klimasystem manipuliert werden soll.
Wenn an der Logik der modernen Produktionsweise festgehalten wird, wird die Menschheit den Kampf gegen den Klimawandel zwangsläufig verlieren und mit technischen Scheinlösungen noch zusätzlichen Schaden anrichten. Erst die Infragestellung der herrschenden Eigentumsverhältnisse und die daraus erwachsenden Möglichkeiten zur demokratischen und selbstbestimmten Produktion von Gütern ermöglichen eine Zukunftsperspektive, die dem Bedürfnis aller Menschen auf diesem Planeten nach einem guten Leben gerecht werden kann. Es braucht jetzt radikales und neues Denken. Und mutige Versuche eine neue Gesellschaftsform zu erstreiten, die nach den Bedürfnissen der Menschen, dem ökologisch Möglichen und nicht nach Profiten ausgerichtet ist. Packen wir die sozial-ökologische Transformation unserer Gesellschaft an – denn zu warten wäre Wahnsinn.

Klima-AG