#noG20-Proteste vor Gericht

Gemeinschaftlicher Widerstand!
Solidarität mit den G20-Angeklagten! Photo von Lukas Jorre (https://twitter.com/LukasJorre)
Solidarität mit den G20-Angeklagten! In Marburg und überall sonstwo.

Am Donnerstag, den 3. Dezember 2020, begannen die sogenannten #Rondenbarg-Prozesse. Stellvertretend für die gesamten #NoG20-Proteste von 2017 werden die 5 jüngsten Angeklagten in einem politischen Prozess vor Gericht gestellt. In Anlehnung an den Aufruf der Interventionistische Linke Hamburg unser Beitrag zum Marburger Tag X – Gemeinschaftlicher Widerstand gegen Repression vor dem Prozessauftakt zu den G20-Protesten:

Wir sind scheiße wütend.

Wütend darüber, dass einige wenige auf dem G20 Gipfel denken, dass sie mit der Welt Monopoly spielen dürfen. Scheiße wütend darüber, dass Protest aus der politischen Linken immer wieder kriminalisiert und niedergeprügelt wird. Scheiße wütend über diese Klassen- und Gesinnungsjustiz. Die Angeklagten im Rondenbarg-Verfahren werden stellvertretend für die gesamten NoG20-Proteste von 2017 in einem politischen Prozess vor Gericht gestellt.
Die G20 Verfahren waren (mal wieder) der Startschuss für eine riesige Repressionswelle. In München wurden 10 Aktivist*innen im TKP/ML Verfahren verurteilt, obwohl Ihnen keine Mitgliedschaft in der türkischen kommunistischen Partei nachgewiesen werden konnte (https://www.tkpml-prozess-129b.de/de/). In Hamburg gab es Hausdurchsuchungen bei Leuten, die die Behörden dem Umfeld des Roten Aufbaus zuordnen (https://gemeintsindwiralle.org/). Im Leipziger Stadtteil Connewitz wurde die Antifaschistin Lina mit der Begründung verhaftet, dass sie zu einer militanten, linken Gruppe gehöre, die Nazis verprügelt (https://freiheitfuerlina.noblogs.org/).

In diesen und vielen weiteren Fällen zeigt der Repressionsapparat 2020 einmal mehr, dass es nicht um stringente oder nachvollziehbare Strafverfolgung geht, sondern darum einen gesellschaftlich-verankerten Antikommunismus in die Praxis zu überführen. Das übliche Schema besteht darin, mal wieder ein Bedrohungsszenario von links aufzubauen, indem schwere Tatvorwürfe erhoben werden, die sich in ihrer Absurdität überbieten. Das Ziel ist Leute von politischem Aktivismus abzuschrecken, zu isolieren oder anderweitig zu drangsalieren. In diesen Kontext lassen sich auch die Prozesse rund um den Rondenbarg Komplex einordnen. 

Der Rondenbarg ist eine gesichtslose Straße in einem Hamburger Industriegebiet. Am Morgen des 7. Juli 2017 kam es hier zu einem gewalttätigen Überfall durch eine Schlägertruppe. Die Täter: Die berüchtigte Sondereinheit der Bundespolizei „Blumberg“. Die Angegriffenen: Aktivist*innen auf dem Weg zu den Aktionen gegen den G20-Gipfel in Hamburg, noch mehrere Kilometer vom Tagungsort und der Demonstrationsverbotszone entfernt. Das Ergebnis: 14 schwerverletzte Aktivist*innen, von denen einige noch heute an den Folgen der damals erlittenen Knochenbrüche leiden. Von den schwergepanzerten Einsatzkräften hat niemand ernsthafte Blessuren. Doch vor Gericht stehen nicht etwa die Prügel-Cops oder die Verantwortlichen aus Polizeiführung und Politik, die den Befehl zu dem Überfall gaben. Angeklagt sind vielmehr 86 Aktivist*innen wegen „gemeinschaftlichem schweren Landfriedensbruch“, „Widerstand und tätlichem Angriff auf Vollstreckungsbeamte“ und weiteren absurden Vorwürfen. Eine konkrete, individuelle Tat wirft die Staatsanwaltschaft niemandem vor. Es soll reichen, bei den angeblichen Taten anwesend gewesen zu sein.

Der geplante Mammutprozess ist ein Musterbeispiel für die politisch gewollte Abschreckung. Dafür, dass dem damaligen Hamburger Bürgermeister und heutigem Vizekanzler Olaf Scholz (SPD) seine Gipfel-Inszenierung mitten in der Hamburger Innenstadt so richtig misslungen ist spricht vom eigentlichen Gipfel und seinen jämmerlichen Ergebnissen heute niemand mehr; von den massenhaften Protesten, den Blockaden und der Polizeigewalt dagegen viele.
Juristisch ist das Verfahren, das am 3. Dezember zunächst gegen fünf jugendliche Angeklagte beginnt, ganz dünne Suppe. Das hat sich schon bei dem 2017/18 geführten und schließlich abgebrochenen Prozess gegen den 18jährigen Fabio gezeigt, der ebenfalls am Rondenbarg festgenommen wurde und fünf Monate in U-Haft saß. Auch Fabio wurde keine individuelle Straftat, sondern nur das Mitlaufen vorgeworfen. Dieses absurde Schauspiel mit zahllosen Zeug*innen, die eigentlich nichts zu sagen haben, soll jetzt vor dem Hamburger Landgericht wiederholt werden (https://rondenbarg-prozess.rote-hilfe.de/).

Neben der Revanche für G20 ist dieses Gerichtsverfahren gleichzeitig ein ernster Angriff auf das Demonstrationsrecht. Es soll ein Präzedenzfall geschaffen werden, der erstmals die bloße Anwesenheit bei Demonstrationen strafbar machen würde, die hinterher als „gewalttätig“ denunziert werden. Damit wäre der Willkür und politischen Gesinnungsjustiz Tür und Tor geöffnet.
Wir alle sind jetzt gefordert, an der Seite der Angeklagten zu stehen und diesen dreisten Versuch der Kriminalisierung politischer Bewegungen zurückzuweisen. Dies gilt umso mehr, da die Hamburger Justiz es bis heute nicht fertigbekommen hat, auch nur einen einzigen Fall von Polizeigewalt beim G20-Gipfel vor Gericht zu bringen. Dabei sind diese Fälle von exzessiver Polizeigewalt dutzendfach gut dokumentiert.

Deshalb fordern wir:

  • Die sofortige Einstellung der Verfahren gegen die Rondenbarg-Angeklagten!
  • Die Freilassung und Rehabilitierung aller bereits verurteilten G20-Aktivist*innen!
  • Die Verantwortlichen für die Polizeigewalt, insbesondere Gesamteinsatzleiter Hartmut Dudde, muss Konsequenzen für sein Handeln tragen!
  • Freiheit für Lina, Dy und Jo!

➡️ Weitere Infos auf: https://gemeinschaftlich.noblogs.org/
➡️ Schafft Rote Hilfe! Jetzt Mitglied werden: https://www.rote-hilfe.de/aktiv-werden/mitglied-werden