"Für vielfältigen Widerstand und Protest gegen imperialistischen Krieg!"

Redebeitrag der iL auf der Auftaktkundgebung gegen die Afghanistankonferenz am 3.12. in Bonn
Make Imperialism History
Plakat: Afghanistankonferenz

Ursula Quack und Siggi Happe für die Interventionistische Linke:

Vor 10 Jahren begann der Krieg gegen Afghanistan, oder richtiger: der Krieg gegen die afghanische Bevölkerung. Entgegen allen Beteuerungen vom zivilen Aufbau und wirtschaftlichem Neuanfang: die politischen, wirtschaftlichen und sozialen Strukturen des Landes sind vollständig zerstört, um sie im Interesse der Industriestaaten neu zu ordnen.

Die Situation der Frauen und Mädchen, einst wesentlicher Teil der Kriegspropaganda, hat sich nicht wirklich verbessert.

Millionen Menschen sehen keine Perspektive außer der Flucht. Doch die Festung Europa hält was sie verspricht. Weiter als nach Pakistan oder in den Iran schaffen es die Wenigsten.

Es sind auch 10 Jahre, in denen wir oft Mühe hatten in der Linken den Protest im Zusammenhang mit Krieg und Folter auf die Tagesordnung zu setzen. So herum geht es auch immer um unsere Verantwortung. Gleich wie die Propaganda aussieht, man will sich langfristig in dem Land festsetzen - sei es mit der Präsenz eigener Soldaten, privater Kriegsdienstleister oder im Aufbau eines afghanischen Repressionsapparates an der langen Leine des Westens.

Mit dieser Marschrichtung wollen die westlichen Industriestaaten noch weitere vermeintliche Gegner weltweit unter ihr Kommando bringen. Und hier wird die Interpretation des Afghanistan-Feldzuges wichtig: In Wirklichkeit eine Höllenfahrt für die Bevölkerung, soll die Propaganda vom zivilen Aufbau die Ouvertüre für zukünftige Interventionen liefern, und verkommt doch bloß zu einem Stakkato an Lügen.

Die Zerschlagung staatlicher Strukturen - unwichtig wie diktatorisch diese waren oder sind - geht der NATO und ihren Verbündeten dabei mit erschreckender Leichtigkeit von der Hand. Die aus ökonomischen Zerfallsprozessen, aus nationalen und zwischenstaatlichen Verteilungskämpfen geborenen kriegerischen Konflikte wie in Ex-Jugoslawien, Somalia, Sudan und anderen Regionen der Erde dienten und dienen zum Anlass, militärisch Einfluss auf das weitere Geschehen in diesen Ländern zu nehmen.

Die Probleme dieser Staaten, insbesondere der verarmten Regionen der Welt haben einen Namen: kapitalistische Globalisierung. Die führte bereits in den 80er Jahren zu sogenannten Brotrevolten, als sich die Bevölkerungen der arabischen Halbinsel und zahlreicher afrikanischer Länder gegen die von IWF und Weltbank verordneten Sparmaßnahmen erhoben. Die Krise hat sich seitdem weiter verschärft, und was bei uns die Angst um Rente und Spareinlage, ist in diesen Ländern seit langem schon Hunger und bitterste Armut.
Das Äquivalent zu den Sonderwirtschaftszonen für den Weltmarkt, sind die Zonen des permanenten Krieges; es gibt keine Wohlstandsinseln ohne das sie umgebende Meer prekären Lebens und dauerhafter sozialer und ökologischer Zerstörung. Es gilt, die dadurch aufbrechenden Widersprüche in Schach zu halten und deren Verlauf zu moderieren; dafür braucht es die militärische Überlegenheit, dafür braucht es die Bereitschaft und die Fähigkeit zu direkter Militärintervention.

Was in den bekriegten Ländern an menschlicher Zerstörung angerichtet wird, lässt sich nicht ermessen. Traumatisierung, Resignation, Verlust von Gerechtigkeitsdenken, Brutalisierung... das sind die gesellschaftlichen Folgen des Exports von "Freiheit und Demokratie". Aber: Rund um den Globus haben die Menschen die Nase voll: Voll von der Gier der Besitzenden, die noch die letzte soziale Sicherheit der Menschen aussaugen und sich als Rendite einverleiben wollen; voll von der Dominanz militärischer Auseinandersetzungen, die in einem großen Teil der Welt Millionen Menschen zu Kriegsflüchtlingen macht.

Vor einem Jahr begann der sogenannte Arabische Frühling. Er schwoll empor als eine Massenbewegung, die durch ihr unerwartetes Erscheinen alle Nicht-Beteiligten erstaunte, positiv wie negativ. Es war ein Bruch im bisherigen Verlauf solcher Auseinandersetzungen, der Erfrischung in die politische Landschaft brachte. Niemand kann sagen, wie es sich langfristig entwickeln wird, aber wir bleiben dabei: "Als Selbstbehauptung der Würde und der Freiheit eines und einer jeden ist die Revolte zugleich die direkte, gemeinsame und unmissverständliche Antwort der Menschen auf die fortlaufende Verschlechterung ihrer Lebensbedingungen, auf die fast täglich steigenden Preise für die nächsten Mittel des Überlebens wie auf den lebenslangen Vorendhalt von Arbeits- und Lebensperspektiven."

Die bewaffneten Auseinandersetzungen in Libyen und der Ruf Aufständischer nach westlicher Unterstützung kam einigen NATO-Staaten gerade Recht, um wenigstens an einem Punkt das Geschehen mitzubestimmen und sich als Befreier feiern zu lassen: Keine Frage, auch die Diktatur des Gaddafi-Clans war reif zur Ablösung, aber die Rolle der westlichen Staaten ist heuchlerisch und bigott, haben sie den Despoten doch lange genug hofiert, u.a. als Komplizen in der Flüchtlingsabwehr.

Aber kommen wir wieder zurück zum Krieg in Afghanistan, vielmehr zum sogenannten Krieg gegen den Terror.

"Die Kamera erfasst einen Mann. Er sitzt auf dem Dach eines Hauses im pakistanischen Grenzgebiet, neben ihm eine Frau und ein Arzt. ...Tausende Kilometer entfernt in Langley, Virginia, schauen zwei Männer zu, wie die Zielperson versorgt wird. Sie sitzen in einer Einsatzzentrale vor Monitoren. ... Der Pilot betätigt einen Knopf. Wenig später sehen die Amerikaner kein Haus mehr, sondern eine rauchende Ruine. Mission erfüllt werden sie ihren Vorgesetzten melden."

So die Beschreibung eines Drohnen-Einsatzes, wie er im Krieg gegen den Terror inzwischen zur Normalität wurde. Über 2.000 Islamisten sollen seit 2001 auf diese Weise ermordet worden sein. Die Air Force bildet inzwischen mehr Kommandanten für Drohnen aus als Flugzeugpiloten. Der Krieg der Zukunft will den Drohnen-Einsatz, und damit die illegale Liquidation aus dem Hinterhalt, zum militärischen Standard erheben. Das ist eine weitere Eskalation in der Bekämpfung politischer Gegner, die man zuvor jeden Rechts beraubt hat.

Schon lange muss der Kriegseinsatz in Afghanistan auf Zustimmung Seitens der deutschen Bevölkerung verzichten. Überhaupt hat diese ganze Interventionskette seit dem Angriff auf Ex-Jugoslawien wenig Rücksicht auf tatsächliche Vermittelbarkeit gelegt, und sich vielmehr dreister Lügen bedient; seither ist die Bundeswehr aber weltweit an verschiedensten Fronten dabei, derzeit mit fast 8.000 Soldaten. Gleich was sie uns erzählen: Nirgendwo auf der Welt führen diese Soldaten einen Friedenseinsatz durch, nirgendwo geht es um humanitäre Hilfe. Die Maßnahmen sind koordiniert, das Ziel ist klar: uneingeschränkte Verfügungsgewalt über alle Ressourcen, einschließlich der menschlichen. Der Krieg in Afghanistan und die Militärintervention in Libyen zeigen deutlich, dass die NATO keinerlei Skrupel kennt, ihre Gegner in endlosen Materialschlachten zu Boden zu zwingen, dass es keine Grenzen für sie gibt außer einem Kräfteverhältnis, das ihnen entgegensteht. Und an einem solchen Kräfteverhältnis mitzuwirken, das muss unsere Aufgabe sein; Widerstand zu entwickeln gegen die Kriegspolitik unserer Regierung; wir müssen es ihnen so schwer wie möglich machen, Länder zu überfallen, zu besetzen, Bevölkerungen zu massakrieren; Der Krieg beginnt hier!

Fahren wir hier fort, uns ihm in den Weg zu stellen, überall wo seine Facetten sichtbar werden: - In der Infrastruktur; in der Waffenproduktion; in der Propaganda an Schulen, Universitäten und Arbeitsämtern.

Für vielfältigen Widerstand und Protest gegen imperialistischen Krieg!

NATO-Truppen raus aus Afghanistan!