Echte Brandmauer statt rechte Brandstifter

Rede der [iL*]-Frankfurt auf der Demo "Alle zusammen gegen den Faschismus" am 30.1.2025 in Frankfurt/Main
Ihr verlogenen Schweine! Nicht die Brandmauer ist gestern gefallen, sondern eure Maske.
Dass eure Brandmauer nichts wert ist, sondern ihr diejenigen seid, die mit dem Feuer spielen, wussten wir schon seit langem. Als ob ihr nicht schon seit Jahren auf kommunaler Ebene mit der AfD Anträge abstimmt und als ob ihr nicht seit Jahren versucht die Faschisten rechts zu überholen mit eurer Hetze

Und trotzdem: Gestern hat die CDU einen doppelten Bruch mit ihrer achso geherzten liberalen Demokratie begangen:
    - mit der Forderung nach faktischem Einreisestopp bricht sie mit Genfer Flüchtlingskonvention und EU-Recht - das Grundrecht auf Asyl wird damit faktisch ausgesetzt und die Polizeibefugnisse massiv ausgeweitet
    - der zweite bruch besteht darin mit den Faschisten von der AfD Merheiten zu bilden

Das, was sich seit Jahren schon vollzieht - die Rechtsbewegung der bürgerlichen Mitte - hat gestern einmal mehr einen traurigen Höhepunkt erreicht. Deshalb sind wir hier und deshalb sind wir wütend.

Aber: Wir müssen uns eingestehen, dass wir uns gewöhnt haben an die Meldungen über Tote im Mittelmeer, an die Abschottung Europas, an die Instrumentalisierung
des Kampfes gegen Antisemitismus zugunsten einer rassistischen und antimuslimischen Hetzjagd und an eine immer unmenschlichere Asylpolitik.

Wir müssen uns auch eingestehen, dass wir uns als Gesellschaft daran gewöhnt haben, dass Seenotretter*innen kriminalisiert werden und Kirchenasyl behindert wird. Daran, dass Abschiebungen in Länder wie den Iran und Afghanistan trotz teilweise tödlicher Konsequenzen durchgeführt werden – Noch am selben Tag der Revolution in Syrien haben Politiker*innen Abschiebungen und Rückführungen von Syrer*innen in eine völlig unklare Zukunft gefordert. Schämt Euch!

Länder wie die Türkei, Marokko oder Tunesien werden als „sichere Drittstaaten“ deklariert und die europäischen Außengrenzen in Todeszonen wie die Sahara verlagert. Jeden Tag werden Menschen auf der Suche nach einem besseren, friedlichen Leben systematisch an den Grenzen Europas ermordet. Als würden diese Leben nichts mehr zählen. All das ist normal geworden über die letzten Jahre. Wir sind verroht und haben uns an Dinge gewöhnt, an die sich eigentlich kein Mensch gewöhnen kann und sollte.

Die jüngsten Ereignisse, insbesondere die Reaktionen auf die schreckliche Tat in Aschaffenburg, zeigen diesen Gewöhnung an Sicherheitspolitik und Rassismus als Antwort, auf Probleme, die doch eigentlich anderswo liegen. Fast unmittelbar nach der Tat setzte ein Überbietungswettbewerb der Parteien mit immer extremeren Forderungen nach Abschottung und Abschiebung ein. Das sind doch keine Lösungen! Sondern es braucht sichere Fluchtrouten, menschenwürdige Unterbringung, gute Zugänge zu psycho-sozialer Betreuung und ein Ende von Unsicherheit und Bedrohung beim Warten auf Asyl.

Obwohl wir uns so sehr gewöhnt haben, sind wir in diesen Tagen verdammt wütend. Man möchte den bürgerlichen Parteien von CDU bis Grünen zurufen: do your fucking job! Verteidigt doch eure Demokratie, die ihr uns als das non-plus-ultra von demokratischer Selbstbestimmung und Freiheit verkauft. Wieso knickt ihr jetzt ein?

Ihr gebt euch dem verzweifelten Versuch hin Ordnung zu schaffen in einer Welt, die aus den Fugen ist, weil nach 500 Jahren Kapitalismus und kolonialistischer Ausbeutung eben irgendwann Schluss mit lustig ist. Euch fliegt der ganze Laden um die Ohren: die Klimakatastrophe macht ganze Landstriche unbewohnbar und ausbeutbare Ressourcen werden knapp. Die Kriege, die ihr führt, um euch die letzten Reste an Einflusszonen zu sichern, machen die Welt nicht weniger kaputt. Im Inneren Europas sind die gesundheits- und Bildungssysteme am Arsch, kein Mensch glaubt mehr, dass es die eigenen Kinder mal besser haben werden als man selbst. Ihr könnt mit eurem Gerede von Demokratie und Gleichheit keine Einigkeit mehr herstellen, weil euch das nach jahrzehntelanger Spar- und Kürzungspolitik niemand mehr abkauft.

Das Einzige, was euch bleibt ist das zu tun, was ihr seit Jahrhunderten tut: auf die rassifizierten Anderen, zu zeigen und zu sagen "Die waren es". Ausgrechnet auf diejenigen, die ohnehin schon Überausgebeutet sind, die aus den von euren Machenschaften unbewohnbar geworden Zonen fliehen. Wenn in Europa nichts mehr geht, dann geht immer noch Rassismus. Das haben euch die Rechten vorgemacht und ihr greift es dankbar auf, weil euch sonst nichts mehr einfällt. Zum Glück ist das Gefühl rassistischer Überlegenheit durch jahrhundertelanger kolonialer Ausbeutung erprobt und tief im Herzen der weißen europäischen Dominanzgesellschaft verankert.
...das ist das letzte Ressort wenn in Deutschland und Europa nichts mehr geht: dem latenten Hang zum autoritären Rassismus, der nach Vernichtung und Todeskult geifert, nachzugehen und so den Karren einmal mehr aus dem Dreck zu ziehen. Dafür, dass alles so bleibt wie es ist, seid ihr euch nicht zu schade sogar die Demokratie über den Haufen zu werfen und euch fröhlich mit den Faschisten zur Abschaffung von Grundrechten aufzumachen. Auch wenn ihr immer schon Schweine ward: ihr werdet immer schlechter darin, es zu verstecken.

Aber wo es kalt wird, wird die Luft auch klar. Wenn eure Masken fallen, dann ist uns endlich klar: Wir müssen es selbst in die Hand nehmen. Wir müssen unsere Gewöhnung abschütteln und unserer Wut folgen. Auf die Parteien der sogenanten Mitte können wir uns nicht verlassen. Wir rufen Ihnen zu: wir fallen nicht herein auf eure falschen Versprechen. Wir sagen nie wieder Todeskult und nie wieder Faschismus.

Heute sind wir hier, um daran zu erinnern, dass eine andere Politik möglich ist. Ein Europa, eine Welt, die Solidarität und Teilhabe lebt, Geflüchteten Schutz bietet und globale Ungerechtigkeiten nicht ignoriert, sondern aktiv bekämpft. Ein Europa, eine Welt, die nicht auf Frontex, Zäune und Abschreckung setzt, sondern Brücken baut.

Alle zusammen gegen den Faschismus!
[iL*]-Frankfurt, 30. Januar 2025