Antifaschistischer Protest in Wien 2015

Interview mit AFA, OGR und der IL

Das folgende Interview erschien in der Zeitung malmoe (Printausgabe 73), online ist es seit dem 21.12.2015.

Es wird zu wenig sein, nur ­Abwehrkämpfe zu führen“

Es ist ja nicht so, als hätte man als linke_r Aktivist_in ausgiebig Zeit zum Durchschnaufen. Doch gerade im Jahr 2015 stellten viele Ereignisse eine spezielle Herausforderung für die Linke im deutschsprachigen Raum dar. Die zugespitzte Krise der EU-Grenzregime und zunehmende Migrationsbewegungen, das Erstarken rechtsextremer Bewegungen mit Hunderten Anschlägen auf Asylunterkünfte, die Situation rund um den Bürgerkrieg in Syrien, der auch in Europa angekommene Terror des sogenannten Islamischen Staates, der Konflikt zwischen der griechischen Syriza-Regierung und der „Troika“, und und und …

MALMOE fragt, vor welchen Hintergründen und Heraus­forderungen linksradikale Proteste 2015 in Wien ­verliefen.

MALMOE traf sich mit Vertreter_innen der Autonomen Antifa Wien (AFA), der Interventionistischen Linken Wien (IL) und der Offensive Gegen Rechts (OGR), um die Herausforderungen für linke, bewegungsförmige Politik in der österreichischen Hauptstadt zu diskutieren und um zu klären, in welcher Situation sich linksradikales Protesthandeln aktuell befindet.

MALMOE: Könnt ihr euch mit dem Label „linksradikal“ identifizieren?

OGR: Die OGR ist eigentlich kein linksradikales Bündnis, tragende Organisationen bei uns sind sozialdemokratisch. Wir wollen aber auf eine Radikalisierung von Protestformen hinarbeiten und Proteste aus eingehegten Formen herausführen.

AFA: Wir fassen die Probleme an der Wurzel. Das heißt, wir kritisieren dezidiert Staat, Nation, Kapital und Patriarchat. Unsere Aktionsformen sollen abseits staatlicher Logiken verlaufen.

IL: Auch wir wollen Probleme nicht symbolisch oder oberflächlich angehen, sondern dort, wo es wehtut. Protestaktionen sollen über reine Unmutsbekundungen hinausgehen. Wir wählen die Mittel so, dass wir einerseits das Ziel des Protests erreichen, andererseits wollen wir vielen Menschen – auch außerhalb der Szene – ermöglichen, bei Aktionen mitzumachen.

OGR: Natürlich ist für uns auch eine gewisse Niederschwelligkeit sehr relevant. Im Zweifel sollten Aktionen lieber niederschwelliger sein, bevor man sich in einer Praxis isoliert.

AFA: Niederschwelligkeit darf aber nicht bedeuten, dass Inhalte verloren gehen. Da zeigen sich oft Trennungslinien.

Das Protestjahr 2015 begann traditionell mit den Protesten gegen den Akademikerball. Warum habt ihr unabhängig voneinander dagegen mobilisiert?

IL: Sowohl inhaltlich als auch bezüglich der Aktionsformen haben wir uns bei den anderen Bündnissen nicht wiedergefunden. Wir wollten effektiv gegen den Ball vorgehen. Eine Demo, die irgendwann in der Innenstadt ankommt, wenn die Burschis schon bei Sekt und Häppchen in der Hofburg sitzen, war uns zu fad.

OGR: Dieses Jahr war es ärgerlich, dass der Fokus nur auf der Gewaltdebatte lag. Da sind wir uns gegenseitig an den Karren gefahren. Die OGR wollte diese Frage unten halten, weil sonst nur alle wissen wollen, wo es knallt und dabei Inhalte verloren gehen. Das war bei der AFA anders. Das mit dem Demozeitpunkt ist natürlich problematisch. Je früher wir beginnen, desto früher kommen auch die Burschis.

AFA: Wir wollten selbstbewusst mit dem Gewaltthema umgehen, denn es war klar, dass das zentral wird. Wir wollten zeigen, wie absurd diese Debatte im Vergleich zu anderen tatsächlichen Formen der Gewalt ist.

Die Repressionsmaßnahmen im Vorfeld des Balles gipfelten im Verbot der NOWKR-Demo und der Anzeige nach Paragraf 278 (Bildung einer terroristischen Vereinigung). Wie reflektiert man bei der AFA, die ja maßgeblicher Akteur bei NOWKR war, diese Geschehnisse?

AFA: Im Bündnis hat niemand damit gerechnet und es hat uns einen massiven Schlag versetzt. Mit dem Demoverbot wurde uns jeglicher Ausdruck genommen. Von Seiten der OGR wurde der Tag aber trotzdem als Erfolg gefeiert, das war sehr unsolidarisch. Wir haben letzten Herbst beschlossen, nicht mehr gegen den Ball zu mobilisieren, weil wir glauben, dass das Event für die Linke mittlerweile ein größeres Ereignis darstellt als für die Rechte. Der Protest soll aber keinen Selbstzweck darstellen. Der riesige Aufwand der ­NOWKR-Mobilisierungen ist es nicht mehr wert – es gibt andere Themen, die wir angreifen möchten.

Wie werden vor diesem Hintergrund die kommenden Kampagnen gegen den Ball aussehen?

OGR: Die Kampagnen gegen den Ball waren sicher ein großer Erfolg und es wird zunehmend schwieriger, das Ganze zu toppen. Wir mobilisieren trotzdem, aber auch für uns ist das mit extremen Aufwand verbunden. Man darf das Thema jedoch nicht unbeackert lassen. Das Verbot der NOWKR-Demo haben wir damals sofort scharf kritisiert. Aber dass trotz der Repression so viele Leute gekommen sind war ein Erfolg.

IL: Wir wollen uns dieses Jahr stärker mit der IL in Graz vernetzen, da auch dort ein Burschenschafter-Ball stattfindet. Das verheerendste an der Repression war, dass es nur noch darum ging, wie viele „Gewalttäter“ kommen und wie die Bullen reagieren. Da haben wir es alle nicht geschafft, den Fokus zu verschieben.

OGR: Einerseits fällt jetzt einiges an Koordination weg, die mit NOWKR nicht immer einfach war. Andererseits konnten wir bisher darauf zählen, dass zwei Demos stattfinden – das war aus taktischen Gründen gar nicht schlecht. Natürlich vereinfacht sich ohne NOWKR auch die Medienarbeit. Wie die Proteste am Tag selbst dann ohne NOWKR laufen, lässt sich momentan schwer sagen.

Kurz nach dem Akademikerball wollte Pegida durch Wien „spazieren“. Ihre Demo wurde aber blockiert und kam keinen Meter voran. Wie ist Pegida mittlerweile einzuschätzen?

OGR: Die eigentliche Blockade ging ja von der AFA aus. Das hat gut
funktioniert und gezeigt, dass es sinnvoll ist, wenn man sich mit verschiedenen Aktionen ergänzt. Die weiteren Pegida-Aufmärsche waren Rohrkrepierer. Die Bewegung ist am Abflauen, nachdem sie in Österreich ohnehin nie richtig Fuß fassen konnte. Dafür sind andere Straßenfaschisten am Erstarken, wie z.B. die Partei des Volkes in der Steiermark oder die Identitären.

IL: Hin und wieder sagt auch HC Strache etwas Wahres, zum Beispiel dass die FPÖ die wahre Pegida sei. In Österreich hat die extreme Rechte nun einmal eine parlamentarische Vertretung, was bei vielen den Drang dämpft, auf der Straße zu aktiv zu sein.

AFA: Wir fanden es irritierend, dass die OGR, während man kämpferische Parolen wie „Keinen Meter den Faschisten!“ ruft, eine Demo irgendwo im Abseits macht und sich im Nachhinein aber den Erfolg der Blockade auf die Fahnen schreibt. Es waren autonome Antifaschist_innen, die den Pegida-Aufmarsch verhinderten.

OGR: Dennoch gab es die Nachfrage nach einer Demo. Danach sind eh viele Leute zu den Blockaden geströmt. Und was sollten wir im Nachhinein machen? Wir können ja nicht schreiben „Total erfolgreiche Aktion, mit dem spektakulären Teil haben wir jedoch nichts zu tun“. Zudem hatten viele unserer Leute noch von der Demo gegen die Identitären im Jahr zuvor massive Repressionsprobleme. Deshalb wollten wir bei solchen Blockadeaktionen nicht unbedingt mitmachen.

Ihr habt schon die Identitären erwähnt. Welche Rolle spielen diese inzwischen für die österreichische Rechte?

AFA: Das ist die am besten organisierte und aktivste, außerparlamentarische rechte Kraft. Wir haben von Anfang an versucht, sie inhaltlich zu kritisieren und darzulegen, warum sie Faschist_innen sind. Sie selbst haben es mittlerweile auch aufgegeben, sich als „weder links, noch rechts“ zu bezeichnen. Trotzdem gilt es sich künftig zu überlegen, wie man ihnen besser entgegentreten kann. Bei ihren Demos hat es ganz gut funktioniert, aber bei unangekündigten Aktionen ist das schwierig.

OGR: Die Identitären macht vor allem ihr aktivistischer Zugang aus. Sie hatten zuletzt ziemlichen Auftrieb und sind sozial gut verankert. Letztlich sind sie von der gleichen Sorte wie die Partei des Volkes oder die Hools von Eisern Wien. Antifaschistischer Selbstschutz könnte wieder vermehrt relevant werden.

Welcher Strategien bedarf es gegen die Identitären?

IL: Generell reicht es nicht aus, Antifaschismus nur von linksradikaler Seite zu betreiben. Vielmehr muss die soziale Frage von links gestellt werden. Die Spaltungslinien der kapitalistischen Gesellschaft sollten anders begriffen und vermittelt werden, als in einer Rhetorik von „Wir gegen die Anderen“. Abseits von antifaschistischer Feuerwehrarbeit führt daran langfristig kein Weg vorbei.

OGR: Bei der Thematisierung der sozialen Frage fehlt natürlich der parlamentarische Bezugspunkt links von der SPÖ. Im Rahmen antifaschistischer Feuerwehrarbeit braucht es aber auch Straßentaktiken, die darüber hinausgehen, dass wir irgendwelche Sachen auf sie schmeißen und es zu Prügeleien kommt.

AFA: Antifaschismus ist in unseren Augen kein revolutionäres Handeln, weil es zumeist darum geht, die bürgerliche Gesellschaft gegen noch schlimmere Zustände zu verteidigen. Man findet sich plötzlich mit den Fans der bürgerlichen Gesellschaft auf einer Seite. Beim Thematisieren der sozialen Frage besteht die Gefahr, den Rassismus nicht ernst genug zu nehmen. Wenn man den Rassist_innen nur ein besseres Angebot machen will, dann berücksichtigt man die Ideologie des Rassismus in ihrer Funktion zu wenig. Man muss Leute auch immer dafür kritisieren, dass sie eben rassistisch sind.

Sowohl der öffentliche Diskurs als auch eure Politik wird seit einiger Zeit vom sog. „Flüchtlingsthema“ dominiert. Seit Juli gab es ver­schie­dene Aktionen zusammen mit Geflüchteten. Welche Erfahrungen habt ihr bei diesen Aktionen gemacht?

AFA: Bei dieser Debatte gab es zahlreiche rechte Mobilisierungen von Marchegg bis Spielfeld, denen wir uns entgegengestellt haben. Bei der Großdemo in Wien am 3. Oktober haben wir zu einem antinationalen Block aufgerufen. Denn es gab zwar eine Welle der Solidarität, vieles lief aber unter der Vorstellung eines „besseren Österreichs“. Wir treten einerseits für Solidarität mit Geflüchteten ein und unterstützen sie aktiv, andererseits fordern wir globale Bewegungsfreiheit. Wenn man Rassismus angreift, ist auch eine Kritik am Nationalismus wichtig.

IL: Diese Darstellung, dass Leute helfen oder zu großen Demos gehen, um dort ein „besseres Österreich“ zu vertreten, ist problematisch. Die Leute waren nicht am Hauptbahnhof, damit es in der Presse schöne Bilder gibt, sondern aus Solidarität mit den Refugees. Was die Boulevard-Zeitungen dann daraus machen ist erstmal ziemlich egal. Den Menschen aus einem distanzierten, linksradikalen Blick vorzuwerfen, dass sie nicht checken, dass sie die Politik von Faymann und Mikl-Leitner dadurch in gewisser Weise legitimieren, ist sehr kontraproduktiv.

OGR: OGR hat sich soweit es ging an allen Aktivitäten beteiligt. Bei der Großdemonstration hatten wir auch einen eigenen Block. Die Linke in Österreich war bei diesen Themen zum ersten Mal in der Offensive. Es war klar, dass das nur vorübergehend sein wird. Zentral wird sein, die Solidaritätsarbeit auch weiterhin zu leisten. Antirassismus ist dabei auch ohne antinationale Standpunkte möglich. Wichtig ist die Verbindung mit der sozialen Frage, obwohl dieser Begriff mittlerweile ausgelutscht ist. Aber er ist notwendig, um in die Offensive zu kommen.

IL: Ebenso muss man darauf hinweisen, dass der kapitalistische Normalzustand für die allermeisten Menschen die permanente Krise ist. Von links sollte thematisiert werden, dass die Leute nicht aus dem Gemeindebau rausfliegen, weil da jetzt Flüchtlingsfamilien einziehen, sondern weil der Wohnungsmarkt kapitalistisch organisiert ist. Man sollte den Leuten sagen, dass es nicht Refugees sind, die ihnen die Butter vom Brot nehmen, sondern beispielsweise die Hypo-Alpe–Adria. Wenn es dann immer noch heißt: „Die passen hier nicht her, weil sie eine andere Hautfarbe haben“, dann sind das Arschlöcher, gegen die man aktiv werden muss. Aber der Nährboden ließe sich deutlich stärker austrocknen.

Bei der Großdemo in Wien waren weit über 30.000 Menschen, überall waren zivilgesellschaft­liche Akteure und Privatpersonen aktiv. Kam es tatsächlich zu einem Stimmungswandel?

AFA: Es gibt große Hilfsbereitschaft und eine Positionierung für Geflüchtete, andererseits gibt es derzeit die größte Welle rassistischer Mobilmachungen der letzten 20 Jahre. Es kommt eher zu einer Polarisierung als zu einem Stimmungswandel. Die Seite, die „Refugees Welcome“ sagt, ist nicht durchgehend politisch. Trotz der großen zivilgesellschaftlichen Bewegung und der „Willkommenskultur“ werden Zäune hochgezogen. Vieles wendet sich zum Schlechten und dagegen gibt es kaum Protest.

IL: In Ansätzen kam es schon zu einer Politisierung. Gerade bei den Konvoi-Aktionen. Die Beteiligung war nicht so breit wie an den Bahnhöfen, aber durchaus als politische Aktion gegen das europäische Grenzregime zu verstehen. Die Frage ist, wie man es als Linke hinbekommt, so etwas zu verstetigen.

Es hat den Anschein, dass sich linksradikale Proteste sehr viel im Antifa/Antira-Spektrum abspielen. Wie steht es bei dem Ganzen um das Patriarchat? Wo sollten explizit feministische Positionen mehr Ausdruck finden?

AFA: Das ist nach wie vor eine Leerstelle der radikalen Linken. Für uns ist Antifaschismus feministisch. Wir haben immer versucht, diese Haltung in unsere Texte und Aktionen einfließen zu lassen. Die Kritik an den Burschenschaften war z.B. von Anfang an auch eine feministische Kritik. In Wahrheit gehört es noch stärker fokussiert. Einerseits auf theoretischer Ebene, andererseits auch praktisch. Deshalb wollen wir den nächsten „Marsch für das Leben“ zur Hölle machen.

IL: Da wir viel zum Thema „Care-Revolution“ und Sorgearbeit machen und diese Arbeit heute Frauenarbeit ist, sind diese Positionen bei uns sehr elementar. Es ist eben keine geschlechtsneutrale Arbeit, sondern Arbeit, die von Frauen getragen wird. Wir geben uns Mühe, darauf zu achten, was Mitgliederstruktur und die Entscheidungsfindungen angeht.

Ihr steht allesamt für Politik außerhalb von Institutionen. Mit „Wien Anders“ ist ein dezidiert linkes Bündnis bei den Wien-Wahlen angetreten. Welche Chancen haben linke Kräfte in parlamentarischen Gremien?

OGR: Generell ist ein parlamentarischen Bezugspunkt unerlässlich. Wenn man die jetzige Situation mit den 1990ern oder den 2000ern vergleicht, dann gibt es aktuell wirklich viele Bewegungen. Das war früher nicht so. In den 2000ern vielleicht noch die Bewegung gegen Schwarz-Blau. Aber keine Bewegungen, die wirklich von unten kamen. Unibrennt war da ein Anfang, seither kommt andauernd etwas Neues. Es fehlt aber auf parlamentarischer und öffentlicher Ebene eine Instanz, die diese Bewegungen auffangen kann. Bei allen Arten linksradikaler Parteien gibt es jedoch immer Probleme. Das war auch bei „Wien Anders“ so: Es ist halt sehr verzwickt, wenn verschiedene Gruppen in einem Wahlbündnis zusammengebracht werden.

AFA: Aus linksradikaler Perspektive muss man sich der Beschränktheit staatlichen Handelns und des engen Korridors, in dem linke Parteien im Falle eine Erfolges landen, bewusst sein. Griechenland ist ein gutes Beispiel. Wir wollen politisches Handeln abseits staatlicher Logik vorantreiben. Über das Netzwerk „Beyond Europe“ arbeiten wir mit der anti-autoritären griechischen Plattform „Alpha-Kappa“ zusammen, die ihre Kämpfe auch gegen die Syriza-Regierung richtet. Natürlich sind wir für die Abschaffung des Staates.

IL: Wenn man von linken Parteien spricht, sowohl von Syriza als auch von der Linkspartei oder von Podemos, spricht man von klassischen sozialdemokratischen Parteien, die sicher nicht linksradikal sind. Was die Linkspartei macht, wäre vor 25 Jahren beim CDU-Arbeitnehmerflügel Konsens gewesen. Es hat eine krasse Verschiebung des politischen Koordinatensystems stattgefunden. Das sollte man im Hinterkopf haben, wenn man Hoffnung in linke Parteiprojekte setzt. Wenn es irgendeine parlamentarische Vertretung gibt, die Themen vertritt, die wir wichtig finden, ist das gut und legitim das zu nutzen. Letztendlich wissen wir, dass das, was wir wollen, über eine parlamentarische Wahl nicht erreicht werden kann.

Welche Perspektiven entstehen für euch als Gruppe und für linke Politik allgemein aus den diesjährigen Ereignissen?

AFA: Grundsätzlich sind wir eher pessimistisch, was nicht heißt, dass wir resignieren würden. Sehr beeindruckend war die Bewegung, die aus dem selbstorganisierten Protest von Geflüchteten in Ungarn hervorgegangen ist und sich entschloss, zur Grenze aufzubrechen. Solche Entschlossenheit muss man auch für die eigene Politik in Betracht ziehen. Ansonsten stecken wir tief im Hamsterrad der Abwehrkämpfe. Die Frage ist, wie wir wieder stärkere Kämpfe für etwas Besseres führen können, anstatt nur Abwehrkämpfe zu bestreiten.

IL: Seit 2008 ist für alle offensichtlich, dass wir nicht am Ende der Geschichte angekommen sind. Die Zukunft bleibt offen und wir können sie mitgestalten. Wir müssen aber am Ball bleiben. Und da wird es zu wenig sein, nur Abwehrkämpfe zu führen.

OGR: Ausgehend von der Krise der Linken, die sich konzeptionell und strategisch zeigt, wird es wohl bald zu Neuformierungsprozessen kommen, wobei sich vielleicht völlig neue Gruppen bilden, die die Alten ablösen werden.

online seit 21.12.2015 21:10:26 (Printausgabe 73)
autorIn und feedback : Volkan Ağar, Jannik Eder (redaktion [@] malmoe.org)