Seit im letzten Jahr viele Menschen aus den Krisenregionen der Welt nach Berlin geflüchtet sind, wird anders über das Elend in unserer Stadt geredet: Die soziale Frage ist weg aus der Debatte, stattdessen dreht sich alles um die „Flüchtlingskrise“.
Doch ging es uns vorher so dolle? Hatten wir nicht vorher schon Wohnungskrise, kaputtgesparte Krankenhäuser, Armut bis zum Hunger im Hartz-IV-System? Zumindest hin und wieder wurde das zugegeben, „Umverteilung“ wurde angemahnt. Doch seit der Syrien-Krieg auch in Berlin sichtbar wird, gibt es in den Zeitungen keinen Konflikt mehr zwischen Arm und Reich, sondern nur noch die „Flüchtlingsfrage“. „Schaffen wir das?“ oder vielmehr „Noch mehr Ausländer!“ – so kann man diese Grübeleien übersetzen. Nix mehr mit sozialer Frage, plötzlich sitzen Flaschensammlerin und Senator gemeinsam in einem Boot. Und dieses Boot scheint voll, die Pulle leer, nicht genug da für alle.
NEIN, sagen wir dazu und fordern ein Berlin für alle.
Berlin für alle heißt, dass es für uns kein „Wir“ und kein „Die“ gibt, wenn´s um Geflüchtete und Alteingesessene geht. Wir fordern daher Schluss mit Ausgrenzung und Rassismus, stattdessen den Neuaufbau einer sozialen Infrastruktur für Berlin. Geld ist da, denn die Stadt hat in den nächsten Jahren Haushaltsüberschüsse zu erwarten. Abermillionen wurden für Bankenskandal, Flughafen BER und andere Prestigebauten verschwendet. Doch darüber redet kaum jemand, denn es passt nicht in die neoliberale Denke: Der Staat speckt ab, der Markt solls richten, der Wettbewerb regiert.
Damit wollen wir Schluss machen: Ob Wohnungsbau, Kindergarten, Schulen, Unis, Jugendzentren, Schwimmbäder oder Krankenhäuser – all das sind öffentliche Aufgaben. Wenn wir diese Bereiche dem Markt überlassen, dann gehen sie zugrunde. Die Wohnungsnot zeigt, wohin Privatisierung führt. Das marode Gesundheitssystem mit Lohndumping und totaler Überarbeitung vom Pfleger bis zur Oberärztin führt vor, wie rührend private Krankenhauskonzerne sich um unsere Gesundheit sorgen.
Zwischen all dem Elend schreit dann die AfD, es sei nicht genug für alle da. Wir sagen NEIN und fordern: Berlin für alle!
Wohnraum für alle statt Verwahranstalten
Nicht erst, seit Menschen aus Kriegsgebieten angekommen sind, herrscht in Berlin Wohnungsnot. Schuld daran sind korrupte Filzstrukturen im alten Sozialen Wohnungsbau, Privatisierung stadteigener Wohnungen zugunsten der Finanzinvestoren. Der Mietenvolksentscheid hat ein erstes Zeichen für eine Politikwende gesetzt: Öffentlicher Wohnungsbau mit bezahlbaren Mieten muss her. Hangars und Hostels sind keine Lösung. Doch der SPD-CDU-Senat hat sich in seinem Abfanggesetz zur Neutralisierung des Mietenvolksentscheids davor gedrückt, eine echte Kehrtwende einzuleiten. Auch in Zukunft möchte man den Freundinnen in der Privatwirtschaft ein paar Gelder zuschieben. Wir fordern: Rein mit den Haushaltsüberschüssen in den Neubau von stadteigenen Sozialwohnungen, Selbstverwaltung dieser Wohnungen durch Mieterinnen und Mieter statt durch Senatsbehörden!
Die aktuellen Pläne für „Gemeinschaftsunterkünfte“ in Modulbauweise für Geflüchtete dagegen sind Bullshit: Mehrbettzimmer ohne eigene Küche, ohne Tageslicht, ohne Privatsphäre. Alles riecht nach undurchdachtem Provisorium, aber die Lebensdauer der Bauten ist auf 50 Jahre berechnet! Die Richtung ist klar: Erst leben hier Geflüchtete im Substandard, doch in ein paar Jahren dürfen auch „sozial Schwache“ hier einziehen – Verwahranstalten statt menschenwürdiges Wohnen. Wir fordern daher Schluss mit den geplanten Elendsquartieren und die Unterbringung von Geflüchteten in richtigen Wohnungen. Ferienwohnungen und Leerstand beschlagnahmen, gleichzeitig kommunalen und gemeinnützigen Wohnungsbau vorantreiben. Platz kann geschaffen werden, wenn man nur will, Alteingesessene und Neuberliner*innen haben hier dasselbe Interesse! Wir brauchen guten und bezahlbaren Wohnraum für alle!
Nieder mit dem WohnungsmarktDoch bisher fehlte der politische Wille. Der Berliner Senat hat seit den 1990er Jahren alles getan, um „Wohnen“ von einer öffentlichen Aufgabe in ein Geschäft zu verwandeln. Die „Immobilienwirtschaft“ soll Arbeitsplätze und Wirtschaftswachstum bringen. Doch Neubau lohnt sich nur, wenn´s Umsatz bringt, und Umsatz bringen nur hohe Mieten. Kapitalistischer Wohnungsbau bedeutet, dass jede Neubauwohnung zwei Mietsteigerungen bringt: einmal im teuren Neubau, danach im freiwerdenden Altbau, wo der Neumieter doppelt soviel zahlen muss wie die Altmieterin. Kapitalismus kann die Wohnungskrise nicht beseitigen, sondern schafft sie immer neu. Weil guter Wohnraum für alle ein Menschenrecht ist, muss der Wohnungsmarkt abgeschafft werden. Spekulationssteuern, erhöhte Grunderwerbssteuer und progressive Grundsteuer auf Luxuswohnungen sind Sand ins Getriebe der Investoren – und mit diesen Gewinnen muss öffentlicher Wohnungsbau in großem Stil geschaffen werden! Jeder Schritt in diese Richtung ist zu begrüßen, nützt Alteingesessenen und Neuberliner*innen gleichermaßen – ganz egal, ob die Neuen aus Syrien oder Schwaben kommen. Berlin ist für alle da!
Geschäfte mit GeflüchtetenDas Elend in der Flüchtlingsunterbringung liegt auch daran, dass die Stadt Berlin ihre Verwaltung durch Personalabbau so „verschlankt“ hat, dass sie nichtmal mehr neue Personalausweise ausstellen kann – geschweige denn, dass sie mit einer humanitären Notlage fertig werden könnte. Das Kaputtsparen unserer Stadt, die kommunale Austerität führt zur Handlungsunfähigkeit.
Von dieser Handlungsunfähigkeit profitieren gleich die Nächsten: Nach dem Baufilz kommt der Flüchtlingswohnheim-Filz. Dubiose Betreiber kassieren Millionenbeträge für Unterkünfte, die jeden Standard unterschreiten. Die Proteste und Wutausbrüche der Bewohnerinnen und Bewohner werden mit einem Security-Apparat, dessen Personal oft genug aus Schlägertypen besteht, in Schach gehalten. Dieses Unterbringungschaos kostet weit mehr als das Anmieten anständiger Wohnungen. Doch die Millionen gehen nicht an Geflüchtete, sondern an Geschäftemacher.
Wir fordern: Wohnraum für alle – Berlin für alle.
Wer, wenn nicht wir? - Mitmachen
Das Bündnis „Berlin für alle“ ist seit einigen Wochen aktiv, die IL Berlin ist ein Teil davon, alle, die unsere Ziele teilen, sind eingeladen. Wir fordern ein Ende der kommunalen Austerität, also des sparen-sparen-sparen. Wir wollen den Aufbau einer sozialen Infrastruktur (Wohnungen, Gesundheitsversorgung, Kitas, Schulen, Unis, Sport- und Kultureinrichtungen), die allen Berlinerinnen und Berlinern zugute kommt – ganz gleich, wo sie geboren sind. Wir sehen das als aktiven Antirassismus – unsere Antwort auf die soziale Krise der Stadt ist nicht Ausgrenzung, sondern „Berlin Für Alle!“
„Berlin für alle“ heißt „Wohnraum für alle“!
Werdet aktiv und kommt zum Kampagnentreffen: Di., 3. Mai 2016, um 17:30 Uhr
FHXB Friedrichshain-Kreuzberg Museum
Adalbertstraße 95A
Mehr Infos: berlinfueralle.org