Es ist auch hierzulande längst spürbar: Die globale Kriegsgefahr steigt und entlädt sich bereits heute an verschiedenen regionalen Konfliktherden. Es wird gebombt, geschossen und getötet. Menschen werden vertrieben, gefoltert, vergewaltigt und ermordet. Die ersten Leidtragenden davon sind, der patriarchalen Logik des Krieges entsprechend, Frauen und Kinder. Viele Kriegsschauplätze, z.B. in Syrien, der Ukraine, Palästina, im Sudan oder dem Jemen, entwickeln sich dabei zunehmend zu Stellvertreterkriegen, in denen die ins Wanken geratenen Weltordnung neu ausgehandelt wird. Diese drohen jeden Moment in einem Flächenbrand zu eskalieren.
Um in den gegenwärtigen und kommenden Kriegen weiter eine Führungsrolle an der Seite ihrer NATO-Partner spielen zu können, wurde auch in der BRD eine „militärische Zeitenwende“ ausgerufen. Ihre eigenen imperialistischen Interessen, d.h. globaler Einfluss und Zugriff auf Ressourcen für die Profite des deutschen Kapitals, sollen mit milliardenschwerer Aufrüstung und der Stärkung der Bundeswehr abgesichert und ausgebaut werden. Damit einher geht die Militarisierung der Gesellschaft, die eine grundsätzliche Zustimmung der Bevölkerung zu Militär und Kriegsbeteiligungen herstellen soll. Permanentes Säbelrasseln gegen rivalisierende Konkurrenten der eigenen Interessen, ein neuer liberaler Nationalismus und das autoritäre Beschwören der Alternativlosigkeit des grassierenden Militarismus: Sie sind im politischen und medialen Mainstream derzeit allgegenwärtig. Das ideologische Schüren von Kriegsbegeisterung in der Gesellschaft soll dabei auch möglichen Protesten gegen die sozialen Einschnitte entgegenwirken, die die Steigerung der Militärbudgets mit sich bringt. Von diesen sind immer vor allem die Lohnabhängigen und ärmsten Teile der Gesellschaft betroffen.
Die immer gefährlicher werdenden militärischen Zuspitzungen sind Folge einer tiefgreifenden globalen Krise des kapitalistischen Systems und seiner bisher vorherrschenden Weltordnung. Die zunehmende Enge der Weltmarktkonkurrenz kann dem Bedarf des Kapitals nach permanentem Wachstum und neuen Märkten nicht mehr gerecht werden. Erstarkte Wirtschaftsmächte wie China stellen zudem die Dominanz von USA, EU und ihren westlichen Verbündeten sowie ihr globales Ausbeutungssystem immer mehr in Frage. Regionalmächte wie Russland, Türkei, Saudi-Arabien oder der Iran versuchen gleichzeitig ihre Relevanz zu behaupten. Die allgemeine Bereitschaft, die jeweiligen Einflusssphären mit offener Waffengewalt abzusichern und zu vergrößern, steigt. Einmal mehr zeigt sich: Der Krieg ist in der kapitalistischen Weltordnung und der imperialistischen Staatenkonkurrenz angelegt, das hat auch die Geschichte immer wieder gezeigt.
Kiel ist Kriegsgebiet
Doch in Kriegen werden nicht nur Märkte erobert, er ist auch selbst ein Mordsgeschäft und dieses findet direkt vor unserer Haustür statt. Die Rüstungsindustrie ist durch Waffenlieferungen in alle Welt die ständige Profiteurin von Krieg und Aufrüstung. Die Auftragsbücher von Rheinmetall, Thyssen-Krupp und der vielfach in Kiel ansässigen Produktion von Kriegsgerät und Logistik sind, beschleunigt durch die Invasion Russlands in der Ukraine, den Vernichtungsfeldzug Israels in Palästina oder den permanenten Angriffen der Türkei auf Kurdistan, mehr als voll. In Kiel sollen in den nächsten Jahren mindestens sechs neue U-Boote, u.a. für Israel, gebaut werden. Der Auftragsbestand von Rheinmetall ist im letzten Jahr um 44% gestiegen und es werden fleißig neue Fabriken für Kriegsgerät und Munition gebaut, unter anderem auch direkt in der Ukraine oder der Türkei. Die Rüstungskonzerne sind deshalb die letzten, die ein Interesse an einer friedvollen Welt und Abrüstung haben und agieren in diesem Sinne auch als politische Lobby für Aufrüstung und Militarisierung.
Die Geschichte Kiels ist eng mit seiner Funktion als zentraler Rüstungs- und Militärstandort verknüpft. Durch die Ernennung zum Reichskriegshafen im preußischen Kaiserreich wuchs die Stadt erst zu ihrer heutigen Größe. Im Kolonialismus, insbesondere aber im I. und II. Weltkrieg, war Kiel Dreh- und Angelpunkt der deutschen imperialistischen Eroberungs- und Unterwerfungsambitionen und des Militarismus. Die schweren Zerstörungen im II. Weltkrieg, die das Stadtbild nachhaltig geprägt haben, fielen also nicht zufällig vom Himmel.
Daran hat sich bis heute wenig geändert. Durch seine Lage am Wasser, den Nord-Ostsee-Kanal und den Zugang zur Ostsee ist Kiel von strategischer Bedeutung für die Deutsche Marine. Deshalb verwundert es auch nicht, dass in Kiel Teile der „Einsatzflottille 1“ stationiert und das „Landeskommando Schleswig-Holstein“ beherbergt sind. Militaristische Think Tanks wie das „Institut für Sicherheitspolitik“ (ISPK) und das „Centre of Excellence for Operations in Confined and Shallow Waters” (COE CSW) stellen die entsprechende Ideologieproduktion sicher. Aber unsere Aufmerksamkeit sollte sich zentral auch auf die hiesigen Rüstungsunternehmen richten, die oftmals viel unscheinbarer agieren, als das Militär selbst.
War starts here – let’s stop it here
Ob Thyssen-Krupp Marine Systems, Anschütz, Thales oder eben Rheinmetall – den Profiteuren von Krieg und globalen Krisen gilt unser Widerstand! Unser Protest richtet sich dabei nicht gegen die Arbeiter:innen auf der Werft und den Betrieben an sich. Wir wollen im Gegenteil auch die Frage der Rüstungskonversion, d.h. den Umbau der militärischen zur zivilen Produktion, wieder auf die Tagesordnung setzen.
Am Samstag, den 7. September werden wir im Rahmen des bundesweiten Rheinmetall-Entwaffnen-Camps, das vom 3. bis zum 8. September im Gaardener Werftpark stattfindet, mit einer Demonstration durch die Innenstadt ziehen. Wir wollen diejenigen, die mit dem Morden in aller Welt unvorstellbare Reichtümer anhäufen, beim Namen nennen und angreifen. Kein ruhiges Hinterland für die Rüstungsindustrie, kein Burgfrieden mit den Kriegstreiber:innen! Lasst uns den antimilitaristischen Widerstand an ihre Heimatfront nach Kiel tragen und klar machen, dass wir ihren andauernden Kriegskurs und ihre imperialistischen Interessen hier vor Ort sabotieren werden.
Denn auch in diesem Sinne stehen wir in Kiel in einer langen Tradition: Schon einmal wurde von Kiel aus das sinnlose Gemetzel für die Interessen der Herrschenden beendet. Lasst uns im Geiste der revolutionären Matrosen und Arbeiter:innen von 1918 gemeinsam und kämpferisch auf die Straße gehen: Für eine solidarische, klassenlose und geschlechterbefreite Welt ohne kapitalistische Konkurrenz, imperialistische Ausbeutung und Ausplünderung, die das Leben und die Freiheit liebt und den Krieg unmöglich macht.
Hinter Krieg und Krise steht das Kapital – der Kampf um Befreiung ist international!
Rüstungsindustrie versenken!
Antimilitaristische Demonstration:
Samstag, 7. September 2024 | 12 Uhr | Bootshafen | Kiel
3.-8. September 2024 | Werftpark | Gaarden