Hannover
Im Argentinien der Militärdiktatur verschwinden tausende von Oppositionellen. Gegner der Militärs werden aus Hubschraubern in das offene Meer geworfen. Sie sollen nicht nur sterben, auch ihre Leichen sollen unauffindbar sein. Keine Gräber, keine Grabsteine, keine Namen sollen an sie erinnern.
In Mexiko verschwinden neben tausenden anderen 70 Student_innen spurlos. Sie sollen verbrannt worden sein. Das nichts von ihnen bleibt außer ihrer Asche, ist auch hier das Ziel der Herrschenden.
In der Türkei verschwinden seit den 90ern ebenfalls tausende. Die Leichname der Opfer wurden aus Hubschraubern über Waldgebieten abgeworfen, in Brunnen oder Massengräbern verscharrt oder in Öfen verbrannt.
Als das türkische AKP/MHP Regime 2016 den Friedensprozess mit der kurdischen Bewegung aufkündigt, bombardiert sie sogleich die Friedhöfe, die an die Ermordeten und Verschwundenen erinnern. Nichts soll von Ihnen bleiben.
Im Südafrika des Apartheidregimes werden die politischen Gefangenen zu Nummern deklassiert.
Niemand soll noch ihre Namen kennen. Der Gefangene 466/64 war Nelson Mandela.
Aber die Freund_innen und Genoss_innen, die Angehörigen der Ermordeten, der Verhafteten und der Verschwundenen – Sie nehmen das Verschwinden lassen, das Vergessen sollen nicht hin.
In Argentinien entstehen die „Madres de Plaza de Mayo“ Seit dem 30. April 1977 demonstrieren bis heute Woche für Woche die Mütter und Angehörigen von Verschwundenen gegen das Vergessen und für die Aufklärung der Verbrechen.
Nicht zuletzt ihrem Protest, wie dem Engagement von Angehörigen von Desaparecidos in weiteren Ländern Mittel-und Lateinamerikas ist es zu verdanken, dass am 23. Dezember 2010 die UN-Konvention gegen Verschwindenlassen in Kraft treten konnte.
In der Türkei sind es die „Cumartesi Anneliri“, die Samstagsmenschen, die seit 1995 Aufklärung über das Verschwinden ihrer Angehörigen fordern.
Ab dem 27. Mai 1995 demonstrierten während etwa 4 Jahren jeden Samstag Personen für die Aufklärung dieser Straftaten, die gegen Inhaftierte begangen wurden. Erst kamen nur wenige Personen zu den samstäglichen Demos, dann wurden es mehr. Normalerweise kamen sie jeweils um 12.00 zusammen, saßen für eine halbe Stunde zusammen auf dem Galatasaray-Platz und hielten Fotos ihrer verschwundenen Verwandten in den Händen.
Am 25. August 2018 wurde die 700. Kundgebung von den türkischen Sicherheitskräften gewaltsam und mit Wasserwerfern und Tränengas aufgelöst. Seitdem sind die Kundgebungen der Samstagsmenschen verboten.
In Südafrika siegte die Revolution über den Apartheidsstaat. Der Gefangene 466/64 kam frei. Aus dem „Terroristen“ wurde der Präsident der Republik Südafrikas und Friedensnobelpreisträger Nelson Mandela.
All diese Kämpfe, all diese Niederlagen und Siege. Sie machen eines deutlich.
Es ist wichtig ihre Namen zu nennen. Es ist wichtig ihre Bilder zu zeigen.
Um so unerträglicher ist, dass der deutsche Staat das Rufen des Namens, das Zeigen von Bildern kriminalisiert:
Seit 1999 ist der damalige Generalsekretär der PKK Abdullah Öcalan auf der Gefängnisinsel Imrali inhaftiert. Er ist, von ganz wenigen Ausnahmen abgesehen, seit dem Abbruch des Friedensprozesses im Jahr 2015 durch die Türkei, vollständig isoliert.
Keine Anwaltsbesuche, keine Angehörigenbesuche.
Gegen diese Situation gehen auch in Deutschland Woche für Woche, Monat für Monat tausende Menschen auf die Straße.
Und ebenso wird ihnen Woche für Woche, Monat für Monat verboten, das Bild Abdullah Öcalans zu zeigen. T-Shirts mit seinem Abbild werden den Trägern vom Laib gerissen, das Rufen seines Namens kann die Einleitung eines Strafverfahrens bedeuten.
Das Wort Öcalan an einem Supermarkt im hannoverschen Stadtteil Bemerode wurde in einer Resolution des Bezirksrates zu einer politischen Hassbotschaft umdiffamiert.
Getragen von einer ganzgroßen Koalition von der CDU über die SPD bis hin zu Grünen und Linke.
Die Proteste gegen das Attentat von Hanau haben eine andere Perspektive eröffnet.
Sie haben sich gegen das Unsichtbarmachen der Ermordeten gewehrt.
Say their Names
Show their pictures
Mit zigtausenden Plakaten mit ihren Namen und ihren Bildern sind Sie präsent an den Wänden dieser Republik.
Es war sofort klar, dass es wichtig ist ihre Bilder zu zeigen, ihre Namen zu nennen.
Diese Perspektive wollen wir aufgreifen.
Wir werden die Kämpfe, die Namen und die Bilder aufgreifen. Von Buenos Aires bis Istanbul, von Kapstadt bis zur Gefängnisinsel Imrali.
Wir werden ihre legitimen Forderungen deutlich machen und dazu gehört eindeutig auch:
- Die Isolation von Abdullah Öcalan muss aufgehoben werden.
- Die Zeit für eine Perspektive der Freiheit und des Friedens ist reif.
- Kommt alle zur Kundgebung!