Polizei und Militär greifen Indigene im Cauca in Kolumbien an

Gestern Abend haben Angehörige von Polizei und Militär in El Palo unsere GenossInnen angegriffen - ein Mensch wurde getötet und sechs weitere schwer verletzt. Unter dem Vorwand einen Haftbefehl auszuführen, wurde am Sonntagabend das Dorf El Palo von Polizei und Militär gestürmt. Dort wurde gerade ein Markt beendet, auf dem Indigene ihre Waren angeboten haben und auch die LandbesetzerInnen präsent waren. Willkürlich wurde von den staatlichen Einsatzkräften in die Menge geschossen, wobei ein Jugendlicher durch einen Kopfschuss getötet und viele weitere Personen verletzt worden sind. Aktuell schweben noch sechs Personen in Lebensgefahr.

El Palo ist einer der Orte, den die Caravana de Solidaridad kürzlich besucht hat. Der Ort liegt im Departement Cauca, einem der umkämpftesten Gebiete Kolumbiens. Trotz aller Widerstände haben die dort lebenden indigenen Nasa beeindruckende Selbstverwaltungsstrukturen aufgebaut und sich immer wieder gegen Angriffe seitens der staatlichen Sicherheitskräfte und illegal bewaffneter AkteurInnen verteidigt. Anfang der 1990er Jahre begannen indigene Gruppen, sich das Land wieder anzueignen, dass Ihnen in 500 Jahren Kolonialismus gewaltsam geraubt wurde. Mit diesen Besetzungen, die sie „liberación de la madre tierra“ (dt.: Befreiung der Mutter Erde) nennen, erobern sie sie sich Schritt für Schritt die ihnen zustehenden Territorien zurück und entziehen sie gleichzeitig dem kapitalistischen Zugriff. Mit gemeinschaftlicher Viehhaltung und ökologisch verträglichem Ackerbau schaffen sie sich eine solidarische Alternative zu den umweltschädlichen Monokulturen der Großgrundbesitzer. Im Cauca besonders verbreitet: endlose Zuckerrohrplantagen, deren Ernte nicht zur Ernährung der kolumbianischen Bevölkerung genutzt wird, sondern für die Herstellung von „Biosprit“. Dieser wird nach Europa exportiert, damit dort der CO2-Ausstoß verringert wird. Ein Hohn, denn die „saubere Luft“ in Europa bedeutet gleichzeitig eine stärkere Luftverschmutzung im Cauca. Denn bei der Zuckerrohr-Ernte vor Ort werden die Blätter illegalerweise abgebrannt, um die Stangen schneller ernten zu können und noch mehr Profit rauszuschlagen. Die Folge sind mitunter Brandschäden und schwere gesundheitliche Schäden für die Menschen - der dichte, schwarze Rauch führt auf lange Sicht zu Atemwegserkrankungen.

Diese Ausbeutung der Natur und die Unterdrückung der Menschen, die dort leben ist nicht alternativlos – das zeigt der Kampf der Nasa. Doch die erfolgreichen Besetzungsaktionen der Nasa haben zu einer immer stärker werdenden Repression im Cauca geführt: Allein die von uns besuchten Gebiete sollten seit 2014 bereits 350 mal geräumt werden, jedes Mal unter brutalem Polizeieinsatz. Die Regierung verhängte bisher Haftbefehle gegen 140 AktivistInnen. Dieser Fall zeigt erneut: sie nehmen dafür sogar Tote in Kauf.

Dieser Angriff ist eine Attacke des kolumbianischen Staates gegen soziale Bewegungen und den Aufbau einer antikapitalistischen Gesellschaft.
Wir sind wütend und entsetzt! Wir stehen solidarisch an der Seite der Menschen im Cauca!
Wir fordern ein sofortiges Ende der staatlichen Gewalt!

 

Caravana de Solidaridad
27. März 2018