Grenzenlose Solidarität! #leavenoonebehind

Die mediale Aufmerksamkeit fokussiert sich aktuell besonders auf ein
Thema: das Covid-19 Virus bestimmt den Alltag der gesamten Bevölkerung.
Das ist verständlich, denn die Reaktion der Herrschenden auf das Virus:
Ausgangs“beschränkungen“ bzw. Sperren, Kontaktverbote und
Sicherheitsabstände, bestimmen nun das Leben jede*r Einzelnen von uns.
Dabei ist erschreckend wie schnell und unkritisch die weitreichenden
Einschnitte in unsere Freiheiten und Grundrechte hingenommen, ja sogar
gefeiert wurden. Risikogruppen müssen natürlich geschützt werden, das
ist klar und natürlich müssen wir dazu beitragen, dass das von den
Herrschenden heruntergewirtschaftete Gesundheitssystem nicht
zusammenbricht. Die vielen Angebote von solidarischer
Nachbarschaftshilfe sind ein Zeichen für das Übernehmen dieser
Verantwortung. Dennoch wollen wir nicht unkritisch in den Beifall
einstimmen, den gerade Politiker genießen, die ihn gar nicht verdient
haben. Wir wollen uns hier nicht einlullen lassen: zum einen wird unser
Privatleben heruntergefahren aber arbeiten gehen sollen wir trotzdem
noch: Für wen wird hier Politik gemacht?
Zum anderen appellieren eben diese Politiker*innen gerade an unser aller
Solidarität in diesen Zeiten. Dabei scheint jedoch keine gemeint zu
sein, die über Landesgrenzen hinausgeht: In diesen Stunden spitzt sich
die humanitäre Katastrophe an der EU-Außengrenze weiter zu. Die
Bundesregierung hat dabei eine Mitschuld, dadurch, dass sie geflüchteten
Menschen jeglichen Schutz vor Hunger, Krieg und Terror verwehrt. Auf den
griechischen Inseln sind rund 40.000 Menschen in völlig überfüllten
Hotspot-Lagern wie Moria zusammengepfercht – unter desaströsen
Hygiene-Bedingungen und fast ohne medizinische Versorgung.
Die Europäische Union verstößt gegen Völkerrecht, Europarecht, die
Europäische Menschenrechtskonvention und die Genfer
Flüchtlingskonvention. Damit lässt die EU auch den letzten Versuch eine
humanitäre Maske aufrechtzuerhalten, fallen: Zur Abschottung arbeitet
sie schon lange mit autoritären Regimen zusammen und lässt tausendfaches
Ertrinken im Mittelmeer, illegale Abschiebungen und Folter zu. Als
letzte Konsequenz ihrer mörderischen Abschottungspolitik werden jetzt
auch Menschen an den Grenzen erschossen und das massenhafte Sterben
durch eine Ausbreitung des Coronovirus in Kauf genommen.
Gleichzeitig werden im Zuge der Corona-Maßnahmen deutsche
Touristen*innen mit gecharterten Flugzeugen aus ihren Urlaubsbungalows
zurückgeholt, während die Aufnahme der Schutzsuchenden an den Grenzen
als Unmöglichkeit dargestellt wird. Deutschen Konzerne werden
Kreditsummern ohne Obergrenzen in Aussicht gestellt. Wo sind die
unbegrenzten Kredite, wenn es um die Rettung von Geflüchteten geht?
Uns wird zu Abstand und regelmäßigem Händewaschen geraten, während an
den Grenzen Menschen in Zelten in überfüllten Lagern keinen Zugang zu
fließendem Wasser haben. Wo bleibt hier die Sorge um die Gesundheit und
der Wille, alles zu unternehmen, um eine Ausbreitung einzudämmen?
Die deutsche und europäische Politik sieht die Pandemie vor allem als
Wirtschaftskrise. Wir sehen sie hingegen als Krise des kapitalistischen
Systems an sich. Eine Krise, in der in erster Linie diejenigen gerettet
werden, die die kapitalistische Maschinerie am Laufen halten.
Kapitalismus und Rassismus führen dazu, dass die Rettung von
schutzsuchenden Menschen an den EU-Außengrenzen einfach keine politische
Priorität ist.
Unter dem Deckmantel des Corona-Schutzes werden außerdem autoritäre und
rassistische Maßnahmen durchgesetzt, die weder politisch noch medial
kritisch reflektiert werden.
Deutschland und andere europäische Länder setzen ihre
Resettlement-Verfahren aus und bearbeiten keine Asylanträge mehr, die
aus humanitären Gründen gestellt werden. Die sowieso schon schwache
Ankündigung, bis zu 1000 Kinder aus Moria aufzunehmen, ist kein Thema
mehr. Es wird kein Programm erarbeitet, welches für eine geordnete
Evakuierung der Lager sorgt.
Gleichzeitig werden in Deutschland Geflüchteten-Unterkünfte unter
Quarantäne gestellt, weil sich erste Coronafälle zeigen. Die Abriegelung
solcher Orte ist eine Katastrophe, weil viele Menschen auf engem Raum
jeglicher Bewegungsfreiheit und Privatsphäre beraubt werden. Die Polizei
und der Seuchenschutz stürmten bereits eine erste Unterkunft in Suhl,
weil gegen „Quarantäne-Vorschriften“ verstoßen wurde. Furcht, Panik und
Ausgrenzung sind die Ergebnisse, Hass und Hetze von rechts wird
weiterhin Tür und Tor geöffnet.
Den Krisen des 21. Jahrhunderts können wir nur mit globaler Solidarität
und sozialer Gerechtigkeit begegnen. Die Würde des Menschen ist
unantastbar, kein Mensch ist illegal und deshalb verdienen alle Leben
Schutz und Solidarität. Diese Prinzipien dürfen nicht an Ländergrenzen
halt machen oder abhängig sein vom zufälligen Ort der Geburt.
Insbesondere die reichen Gesellschaften des Globalen Nordens, deren
Reichtum auf Kolonialismus und jahrhundertelanger Ausbeutung des
Globalen Südens beruht, müssen auf solidarische und gerechte Weise mit
den globalen Krisen umgehen. Gerade heißt das ganz konkret: Wir stellen
sichere Häfen, wir öffnen Grenzen, evakuieren Lager – #WirHabenPlatz und
#LeaveNoOneBehind!
Auch die Stadt Nürnberg hat sich zum sicheren Hafen bekannt. Lasst uns
dafür sorgen, dass die damit verbundene Verantwortung zwischen
Corona-Panik und dem Oberbürgermeister-Stichwahl Zirkus nicht vergessen
wird! Wir schließen uns den Forderungen der Seebrücke an:
Wir fordern:
- Die sofortige Evakuierung aller Migrant_innen von den griechischen
Inseln und aus allen überfüllten Lagersituationen
- Eine dezentrale medizinische Versorgung für alle Migrant_innen
- Den sofortigen Stopp der staatlichen Gewalt und der Ermordung von
Migrant_innen an den Außengrenzen und auf den griechischen Inseln
- Die sofortige Beendigung des EU-Türkei-Deals
- Sichere und legale Zugangswege nach Europa und Aufnahme der Menschen
in solidarische Städte