Es ist 2018 und etwas läuft gewaltig falsch in Krankenhäusern und ambulanter Versorgung in Hamburg. Immer mehr Zeitdruck und ein Gefangensein in emotionaler und moralischer Verantwortung für immer mehr Patient_Innen machen die Angestellten selbst krank. Auf der einen Seite überlastete Notaufnahmen, blutige Entlassungen und unzureichende medizinische Versorgung von Geflüchteten. Auf der anderen Seite Krankenhausgewinne durch Überdiagnostik und -therapie von Privatpatient_Innen, durch immer mehr Herzkatheter-Eingriffe und Knie-OPs. Auf der einen Seite schlechte Bezahlung, Outsourcing und Lohndumping, auf der anderen Seite steigende Asklepios-Rendite und der Chefarzt, der im weißen Ferrari vorfährt. Diese Missstände muss man niemandem mehr erklären, sie sind offensichtlich für jede von uns, die Kontakt mit dem Gesundheitswesen hatte oder bei Angehörigen miterlebt hat.
Der Grund für das Nebeneinander von krasser Über- und Unterversorgung ist die umfassende Ökonomisierung, das zur-Ware-machen von Gesundheitsversorgung. Das Gesundheitssystem wird nach den universell gültigen Regeln des Kapitalismus organisiert, nach Profit und Konkurrenz. Eine von vielen Spielwiesen des Kapitals, eine von vielen Investitionsmöglichkeiten. Treibende Kraft dafür ist das in Deutschland 2003 eingeführte System der Fallpauschalen (DRGs), das die Krankenhäuser gänzlich nach wirtschaftlichen Kriterien ausrichtet. Das Unternehmen Krankenhaus muss, bei Strafe des Unterganges, Gewinne erwirtschaften, sonst kann es dicht machen. Dieses System des Kostendrucks und der Konkurrenz ist politisch gewollt. Die Leittragenden sind die Beschäftigten und Patient_Innen.
Doch dagegen regt sich Widerstand. Ein Krankenhaus ist keine Wurstfabrik, deshalb kann man es nicht nach denselben wirtschaftlichen Kriterien organisieren. Die Gesundheitsversorgung im und außerhalb des Krankenhauses müsste stattdessen nach den Bedürfnissen der Menschen organisiert werden, die dort arbeiten und versorgt werden. Volksbegehren in Berlin, Bayern und Hamburg streiten bereits für eine Personalbemessung, die sich am Bedarf orientiert. Das Bündnis „Krankenhaus statt Fabrik“ zielt auf die Delegitimierung und Abschaffung des DRG-Systems. Das Care Revolution Netzwerk streitet für eine Anerkennung von emotionaler und Fürsorge-Arbeit.
In der Krise der Gesundheitsversorgung zeigen sich die grundlegenden Widersprüche der spätkapitalistischen Gesellschaft klar und deutlich. Streiten wir für mehr als eine bessere Personalbemessung im Krankenhaus. Streiten wir für ein Herausbrechen der Gesundheitsversorgung aus dem kapitalistischen Markt und eine Zerschlagung der privaten Krankenhauskonzerne. Streiten wir für eine Vergesellschaftung der Krankenhäuser und eine grundlegende Demokratisierung von Gesundheit. Kommt zur Großdemonstration gegen Pflegenotstand am 22.09.2018. Los geht's um 12 Uhr, vor dem AK St. Georg.
Interventionistische Linke Hamburg, September 2018