Ralph Neumann ist aktiv in der Stadt-AG der »Interventionistischen Linken Berlin«. Diese wehrt sich im Netzwerk »Berliner Ratschlag« gegen die Privatisierungspläne der Bundesanstalt für Immobilienaufgaben.
Sie kritisieren, anlässlich der heutigen Verabschiedung des Haushalts durch den Bundesrat, die Rolle der Bundesanstalt für Immobilienaufgaben (BImA) zur Erreichung der von der Bundesregierung postulierten »schwarzen Null«. Was ist das für eine Behörde?
Die BImA verwaltet Liegenschaften des Bundes, das sind Immobilien wie auch Grundstücke, alte Kasernen oder Wälder. Die Aufgaben werden in einem eigenen Gesetz geregelt, das auch besagt, dass die Anstalt Liegenschaften, die der Bund nicht mehr braucht, zum Höchstpreis verkaufen soll. Das heizt die Immobilienspekulation an und belastet dadurch Mieterinnen und Mieter, denn der BImA gehören ebenso etliche Wohnhäuser.
Welche konkreten Pläne verfolgt die BImA?
Allein in Berlin gehören ihr 4.000 bewohnte Einheiten. Die will sie nach dem bewährten Prinzip zum Höchstpreis verscherbeln. In der derzeitigen Spekulationsblase reden wir da von einem Verkaufspreis in Millionenhöhe. Durch einen starken Protest in diesem Jahr, vor allem von einer Mieterinitiative aus Schöneberg, gibt es jetzt zumindest Verhandlungen zwischen der BImA und dem Land Berlin. Daran sieht man: Protest lohnt sich.
Auf welcher Grundlage werden die Gespräche geführt?
Insbesondere in der derzeitigen Situation, in der Anleger niedrige Guthabenzinsen vermeiden und ins »Betongold« flüchten, bekommt man für Immobilen Preise, die deutlich über dem liegen, was sie in 20 Jahren an Mieteinnahmen einbringen. Das sind reine Spekulationspreise, bei denen kein Bundesland mithalten kann. Jetzt wehren wir uns dagegen, dass Bundesfinanzminister Schäuble diese Blase noch anheizt. Viele der Unterstützer kommen aus Berlin, weil hier die Frage nach bezahlbarem Wohnraum gerade sehr hochkocht. Aber auch in Leipzig engagieren sich Mieterinitiativen. Es handelt sich hier um ein bundesweites Problem, die Bestände der BImA sollen im ganzen Land verhökert werden.
In den vergangenen Jahren hat Berlin Zehntausende Wohnungen privatisiert. Ist es nicht eher Wunschdenken, dass kommunale Wohnungsgesellschaften eine Schutzfunktion haben und deren Mieter Vorteile gegenüber dem privaten Markt genießen?
Diese Vorteile gibt es durchaus: Die Rechtsaufsicht über solche Gesellschaften haben Politiker, die wiedergewählt werden wollen. Sie können sich nicht die allergrößten Schweinereien leisten. Trotzdem muss man immer wieder politischen Druck erzeugen, etwa wenn landeseigene Wohnungsgesellschaften Zwangsräumungen durchführen. Das zeigt, dass diese politische Aufsicht ausgebaut werden sollte. Bisher ist sie über viele Ebenen geschachtelt. Die Mieterinnen und Mieter haben in der Regel wenig zu melden. Deswegen fordern wir eine direkte Mitbestimmung der Menschen, die in den Häusern wohnen. Bei den Privaten ist es aber noch schlimmer: Ein Aufsichtsrat wird direkt vom Kapital eingesetzt und ist auch nur diesem Rechenschaft schuldig.
Kurzfristig fordern Sie einen Privatisierungsstopp von landeseigenen Wohnungen, langfristig werben Sie für die Vergesellschaftung von Wohneigentum. Was genau bedeutet das?
Wir möchten diesen Begriff als Gegenteil von Verstaatlichung in die Debatte werfen. Denn das würde auch nur bedeuten, dass sich der Staat wie ein Privateigentümer verhält. Wir haben in Berlin erlebt, dass er dann genauso unsozial über die Köpfe der Mieterinnen und Mieter hinweg handelt. Vergesellschaftung wiederum bedeutet, dass die Leute, die es betrifft, mitentscheiden. Wir haben da noch kein konkretes Modell vorgeschlagen, befinden uns aber mit vielen im Dialog. Manchen Mieterinitiativen ist das zu weit von der erlebten Realität entfernt. Da bleiben wir im Gespräch miteinander. Aber im Antiprivatisierungskurs sind wir uns sehr einig mit Mieterinitiativen, linken Gruppen und aktiven Mieterinnen und Mietern.
Interview: Claudia Wrobel
aus: Junge Welt, 19.12.2014 https://www.jungewelt.de/2014/12-19/022.php