Die „Alternative für Deutschland“: Politik aus der Herrensauna
Antifeminismus ist neben Rassismus das zweite Standbein der AfD. Die von der AfD vorangetriebene, von den anderen Parteien durchgeführte Abschottung Europas lässt die feministische Forderung nach sicheren Fluchtwegen in weite Ferne rücken. Und: die Partei zeigt eine geradezu zwanghafte Fixierung auf den Begriff „Gender“.
Die Vorstellung, die mit Penis und die ohne könnten nicht mehr klar voneinander zu unterscheiden sein, scheint ein enormes Bedrohungspotential zu haben. Und daraus entwickelt man eine Reihe von politischen Forderungen, die direkt aus der Herrensauna stammen: Abschaffung aller Gender Mainstreaming-Maßnahmen, die angeblich darauf abzielen, die biologischen Geschlechter abzuschaffen; sozial- und kulturwissenschaftliche Forschungen, die Geschlecht als Konstrukt und Herrschaftsinstrument entlarven, sollen verschwinden; nicht nur Politik für Familien, sondern aktive Aufforderung an Bio-Deutsche, mehr Kinder zu produzieren, um das „Überleben des eigenen Volkes sicherzustellen“ (Frauke Petry). Nicht freie, selbstbestimmte Individuen, sondern die heterosexuelle Kleinfamilie sei die Keimzelle der Gesellschaft. Nichts außer Blümchensex in der Missionarsstellung zwischen Mama und Papa soll in Schulen gelehrt werden. Schwangerschaftsabbrüche sollen weiter erschwert bzw. moralisch verdammt werden. Die Junge Alternative fordert lautstark ein Recht auf sexistische Darstellungen, in denen weibliche Körper objektiviert und erniedrigt werden.
Das klingt erstmal albern, hat aber wichtige Funktionen für die Stabilisierung von Partei und Anhängerschaft. Denn die Ablehnung der Errungenschaften der Frauen- und Queerbewegung stellt einen klassenübergreifender Konsens her. Mittelschicht und „Abgehängte“ kämpfen gemeinsam: für die Privilegien weißer Männer, für Stabilität im Geschlechtergefüge – wenn schon alles andere instabil ist.
Der Widerspruch, dass zwei Frauen Bundes- und Berliner AfD wesentlich bestimmen, stabilisiert das System eher, als es zu erschüttern. Schon immer hatte das Patriarchat ein paar warme Plätzchen für die Frauen, die besonders heftig antifeministisch agieren.Die AfD war schon antifeministisch, bevor sie hemmungslos rassistisch wurde. Sie schöpft Anregungen aus internationalen wertkonservativen, homo- und transfeindlichen und sexistischen Netzwerken: Proteste gegen die Homo-Ehe in Frankreich. Terrorisierung von Kliniken zum Schwangerschaftsabbruch in den USA. Hasskampagnen gegen feministische Netzaktivist*innen, Genderforscher*innen und Helfer*innen von Geflüchteten. Und vor allem: die rassistische Aufladung einer angeblichen Sorge um die Opfer sexualisierter Gewalt.
Köln und die Folgen: Sexualstrafrecht, erkauft mit Rassismus
In der Silvesternacht kam es in Köln und anderen Städten zu massenhaften Übergriffen und sexualisierter Gewalt. Die uralte Zuschreibung „nicht-deutscher Täter greift deutsche Frau an“ erreichte neue Höhepunkte. AfD-Mitglieder und ihre Sympathisant*innen tragen vor allem in sozialen Medien dazu bei, die Angst vor dem ausländischen Vergewaltiger weiter zu befestigen.
Die AfD lehnt die im Nachklang von Köln endlich durchgesetzte Verschärfung des Sexualstrafrechts ab. Die rassistische Kopplung wird allerdings von der Großen Koalition noch ein Stück weiter gedreht: das „Nein heißt Nein“ des erneuerten §117 wird auch im Aufenthaltsrecht verankert. Sprich: Abschiebungen werden erleichtert, die rassistische Zuschreibung sexualisierter Gewalt auch im Strafrecht festgeschrieben. Dieser Zynismus zeigt: es geht weder der AfD noch den Regierungsparteien um einen Schutz der Opfer. Es geht um die Verfolgung nur einer bestimmten Art von Tätern. Eine konsequente Solidarisierung mit den Opfern würde die massenhaften Übergriffe auf geflüchtete FLTI-Personen thematisieren, und ein verschärftes Sexualstrafrecht etwa mit der Einrichtung von sicheren Räumen in Geflüchtetenunterkünften verbinden – nicht mit einer erneuten Fixierung auf die Täter.
Unsere Alternative: Grenzenloser Feminismus!
Gleichberechtigung herrscht weder in Deutschland noch anderswo. Geschlecht und sexuelle Orientierung sind viel zu wenig anerkannte Fluchtgründe. Betroffene von Zwangsheirat, Genitalverstümmelung, mangelndem Zugang zu Verhütungsmitteln und Schwangerschaftsabbruch verlangen unsere Solidarität – egal wo auf der Welt. Mehrheitlich weiße linke Bewegungen arbeiten seit Jahren an antirassistischen Praktiken, die kritisch mit den eigenen Privilegien umgehen. Wir wollen noch mehr. Wir fordern alle zu internationaler feministischer Solidarität, zum Kampf für das Recht auf körperliche, ökonomische und sexuelle Selbstbestimmung und Gleichberechtigung auf – auch und gerade eine patriarchal sozialisierte, männlich dominierte Antifa.
Die AfD stellt sich eine Gesellschaft vor, in der alle feministisch erkämpften Errungenschaften der letzten Jahrzehnte wieder zurückgenommen werden, in der Geburtenzwang, die Verpflichtung auf die Kernfamilie und ein immer breiterer gender pay gap herrschen. Feminismus ist unser zentraler Gegenentwurf. Wir sehen uns in der Tradition feministischer Kämpfe weltweit. Wir profitieren von den Errungenschaften der europäischen Frauenbewegung in Bezug auf Bildung, Familienrecht und Strafrecht, wollen aber nicht hier stehenbleiben.
Eure Frauenquote in den Aufsichtsräten könnt ihr behalten – wir wollen die Hälfte einer Welt ohne börsennotierte Unternehmen.
Unser Feminismus bleibt antirassistisch!
Kommt zum „Grenzenlos feministisch - Grenzenlos solidarisch“-Block auf der Demo gegen die AfD des Bündnisses „Aufstehen gegen Rassismus“!
03.09.2016, 14.00 Uhr
Adenauerplatz, Berlin