Wir waren Zehntausende, die im Sommer 2017 in Hamburg gegen den G20-Gipfel und für eine gerechte Welt ohne Ausbeutung und Unterdrückung auf die Straße gingen. Laut, kreativ und wütend haben wir unsere Stimmen erhoben und das Treffen der mächtigsten Industriestaaten gestört. Es war ein Bewegungsmoment – für Frieden, Klimagerechtigkeit und eine solidarische Gesellschaft weltweit. Dieser Protest war und ist notwendig. Die Demonstration, die am Rondenbarg von der Polizei zerschlagen wurde, war Teil dieses breiten Protests, den wir mitorganisiert haben. Daher gilt: Gemeint sind wir alle!
Sechs von den insgesamt Hunderttausend, die in Hamburg vielfältig demonstrierten, stehen ab 18. Januar 2024 vor dem Hamburger Landgericht. Sie sind stellvertretend für uns alle angeklagt. Mit diesem vorerst bis Juni 2024 terminierten Prozess findet die staatliche Gewalt gegen Demonstrant*innen ihre Fortsetzung. Bereits vor Beginn des G20-Gipfels wurde durch Campverbote, Einschränkung der Pressefreiheit, sogenannte Gefährderansprachen u.a.m. die Demokratie und die Versammlungsfreiheit außer Kraft gesetzt. Während der Proteste erlebten wir dann massive Polizeigewalt: Feiernde wurden beispielsweise mit Wasserwerfern beschossen und nach der polizeilichen Eskalation während der geplanten Welcome-to-hell-Demonstration haben Polizisten selbst geäußert: Es hätte Tote geben können. Diese Gewalt schlug auch am Rondenbarg zu. In ihrer Folge wurden zahlreiche Aktivist*innen schwer verletzt. Während nahezu sämtliche Verfahren gegen Polizist*innen eingestellt wurden, werden Protestteilnehmer*innen bis heute kriminalisiert.
Ähnlich wie den etwa 1300 Menschen aus dem Leipziger Kessel im vergangenen Jahr, wird den Angeklagten im aktuellen Rondenbargprozess keine individuelle Straftat vorgeworfen und nachgewiesen, sondern allein die Anwesenheit während einer entschlossenen Demonstration dient als Verfolgungsgrundlage nach §125(a) StGB. Dieser Paragraph dient bereits seit Jahren der Kriminalisierung von Fussballfans, auf politische Versammlungen wurde er bisher nicht angewendet. Dieses Vorgehen der Repressionsbehörden fällt in eine Zeit der multiplen Krise, die sich zeigt in den Kriegen in aller Welt, der Verschärfung von Polizei- und Versammlungsgesetzen bundesweit, dem Auseinanderdriften von Arm und Reich oder dem europaweiten Rechtsruck. All das ist heute für uns Anlass für mannigfaltigen Protest und hoffnungsgebende Rebellion, die sich aus unserer Zuversicht auf eine andere, eine gerechte Welt speist.
Solidarität mit den Angeklagten!
Schluss mit den G20-Verfahren!
Für eine befreite Gesellschaft!
Interventionistische Linke, Januar 2024