Antwort auf Stefan Taschner, Georg Kössler & Co

Lieber Stefan Taschner, lieber Georg Kössler,

wir als Berliner Klima AG der Interventionistischen Linken (IL) oder früher FelS haben mit Euch über die letzten Jahre immer wieder in den ökologischen Bewegungen der Stadt – von Klimacamps über Energietisch bis Ende Gelände – zusammen gearbeitet.

Ihr kandidiert momentan für die Grünen für die Wahl zum Berliner Abgeordnetenhaus. Dabei werbt Ihr unter anderem mit Eurer Glaubwürdigkeit als Bewegungsaktivisten in der Klimaszene. Zuletzt habt Ihr zusammen mit Silke Gebel und Turgut Altug einen entsprechenden Aufruf an Klimaschützer*innen verfasst. Was Ihr darin nicht geschrieben habt und wie Euer Text – ohne Euren Widerspruch – in den Medien rezipiert wurde, hat uns aber sehr verunsichert: Ihr schreibt, dass Öko für euch nicht Kür ist. Wir glauben euch das und sind uns sicher einig darin, dass dies heißt, gerade dort auf ökologischen Kernanliegen zu bestehen, wo sie wehtun und wo es Widerspruch gibt. In Berlin ist eines dieser Kernanliegen aktuell der Weiterbau der Stadtautobahn A100 und der 17. Bauabschnitt – eine geplante Schneise der Verwüstung durch Lichtenberg und Friedrichshain - der jüngst im Bundesverkehrswegeplan auf „im Bau“ umgeschrieben wurde.

Die SPD- Führung in Berlin will – obwohl ihre eigene Parteibasis mehrheitlich gegen die A100 ist – diesen Autobahnbau unbedingt durchdrücken. An diesem Punkt klar und unmissverständlich Kante zu zeigen sollte für ehemalige Ökoaktivist*innen selbstverständlich sein. Doch von der A100 ist in Eurem Brief nichts zu finden. Das ist umso erstaunlicher, als die Spitzenkandidatin der Grünen Ramona Pop kurz vorher öffentlich erklärt hatte, dass an der A100 eine Koalition mit der SPD nicht scheitern werde.

Um von der Verantwortung der Grünen für das bereits angekündigte Nachgeben der eigenen Prinzipien zugunsten einer Regierungsbeteiligung abzulenken, wird das Ganze kurzerhand zum Thema auf Bundesebene erklärt, bei dem es in der nächsten Legislaturperiode eh nichts zu gewinnen gäbe. Selbst Eure Mitautorin Silke Gebel schlägt im Taz- Artikel zu eurem Brief die gleichen Töne an. Von Euch selber hören wir in dem Brief dazu nichts!

Der Weiterbau der A100 ist eines der zentralen ökologischen Konfliktfelder der Stadt. Er bedeutet nicht nur tausende zusätzliche Autos auf den Straßen der Innenstadt, anstelle den CO2-armen ÖPNV und das Fahrrad zu fördern. Für die Anwohner*innen ist die Autobahn angesichts von Abgaswerten und Lärm konkrete Körperverletzung mit Todesfolge. Die Verantwortung von den eigenen Regierungsplänen auf die Bundesebene wegzuschieben – wie das Pop und Gebel tun – ist mehr als billig. Wenn wir eine starke ökologische Bewegung gegen die A100 aufbauen wollen, müssen wir den Menschen klar machen, dass dieser Wahnsinn hier und jetzt gestoppt werden kann und muss!

Ihr wisst genauso gut wie wir, dass dazu auf Bundesebene nichts passieren wird und dass uns die Parteien bei einer kommenden Wahl in vier Jahren erzählen werden, dass nun alles zu spät sei. Jetzt können und müssen wir dafür kämpfen, dass Berlin klar macht, keine Gelder für die A100 mehr fließen zu lassen, und den Bauplanungsprozess stoppt.

Ihr nutzt eure Bewegungsgeschichte für den Wahlkampf. Dann wünschen wir uns aber auch, dass Ihr klar macht auf welcher Seite Ihr in solch einem Konflikt steht und wie Ihr Euch verhaltet, wenn Eure Verhandlungsdelegation mit einem A100-Ei in der Tasche zu Euch zurückkommt. So viel Transparenz muss sein.

Mit solidarischen Grüßen
die Klima AG der Interventionistischen Linken