Kurz & nicht bündig

Bericht und Protokoll der 2. Offene Arbeitskonferenz der iL
Zweite offene Arbeitskonferenz
Für eine Linke, die dazwischen geht - Offene Arbeitskonferenz der IL
Rund 250 Menschen hatte sich auf den Weg nach Marburg gemacht, um am vergangenen Wochenende (25.-27. April) an der 2. Offenen Arbeitskonferenz der Interventionistischen Linken (IL) teilzunehmen.
Eingeladen waren alle, die am Projekt einer interventionistischen Linken interessiert sind. Gekommen sind diejenigen, die mit uns darüber diskutieren wollten, wie über die Situation der radikalen Linken in der BRD hinauszukommen ist, die, seien wir ehrlich, trotz Heiligendamm in gesamtgesellschaftlicher Perspektive noch subkulturell und insgesamt marginal ist.

An den Diskussionen beteiligten sich nicht nur GenossInnen, die schon in der IL mitarbeiten, sondern auch viele, die unsere Bereitschaft teilen, diese Situation zu ändern - unter anderem Mitglieder der LINKEN, der DKP und der isl, AktivistInnen von attac und der Antifa, aus Antira-Zusammenhängen und sozialpolitischen Initiativen sowie der globalisierungskritischen Bewegung, von 'solid und dielinke.sds.

Dass die Erwartung, über die aktuelle Situation der radikalen Linken in der BRD hinauszukommen, nicht unbegründet und in Ansätzen bereits erfolgreich ist, zeigen die bisherige Geschichte der IL und die Bereitschaft der in ihr vertretenen unterschiedlichen Gruppen, Organisationen und Einzelpersonen zu Kooperation und Austausch. Uns alle eint der Eindruck, dass es einen gesellschaftlichen und einen politischen Ort für eine radikale Linke in der BRD gibt. Es existieren genug gesellschaftliche Widersprüche und Verwerfungen, in und an denen sich eine radikale Linke artikulieren und positionieren könnte.

Diesen möglichen und notwendigen Ausdruck zu artikulieren, ihn nach "innen", in die Linke, zu organisieren, und zugleich nach "außen", in der Gesellschaft, sichtbar, hörbar und spürbar zu machen - dafür steht die IL. In Marburg ging es deshalb um die verschiedenen Facetten einer radikalen linken Politik, die in die gesellschaftlichen Verhältnisse einzugreifen versucht – durchgespielt in den Bereichen Globale Soziale Rechte/Antirassismus, Soziale Kämpfe, Krieg und Sicherheit, Antifa und Klimapolitik und aufgezeigt am Stand des Organisierungsprojekts IL und seiner Vorgeschichte.

Die IL - das ist unsere feste Überzeugung - muss mehr sein als die Summe ihrer Teile. Eine Organisierung, die alte Fehler nicht wiederholt, die antagonistisch, aber zugleich offen für Bündnisse ist, die die Autonomie der Einzelnen wahrt, aber zugleich einen gemeinsamen Ausdruck findet, in der Verschiedenheit Platz hat, aber zugleich ein Gemeinsames existiert und die nicht zuletzt, weder theoretisch noch praktisch, einen Alleinvertretungsanspruch hat.

Das ist ein schwieriger, auch langwieriger und langsamer Prozess. Und die Ungeduld mancher, die schnelleres und entschiedeneres Vorgehen wünschen und von uns erwarten, ist verständlich und berechtigt. Wir haben uns mit dieser Arbeitskonferenz nach innen und außen geöffnet. Die Fragen sind gestellt und müssen jetzt beantwortet werden. Sicherlich blieb in Marburg noch vieles unbestimmt. Aber anders konnte es eigentlich nicht sein, denn wir hatten ja offen eingeladen, an der Beantwortung der in diesem Prozess entstehenden Fragen mitzuarbeiten.

Dennoch wurden auch konkrete Verabredungen getroffen. So wird die Interventionistische Linke ausloten, wie ein linksradikaler Beitrag zu den Feierlichkeiten zum 60. Jahrestag der Gründung der NATO im nächsten Jahr aussehen kann. Und wir unterstützten das Klima-/Antira-Camp im August 2008 in Hamburg, an dem sich Einzelne und Gruppen aus der IL aktiv beteiligen werden. Auch in der Frage der Struktur sind wir ein Stück weitergekommen: Es liegen konkrete Vorschläge auf dem Tisch, die entschieden werden müssen. Andere Fragen müssen dagegen noch beantwortet werden: Was bedeuten eigentlich Militanz oder Antikapitalismus unter den gegebenen, konkret zu bestimmenden Klassenverhältnissen, wie sähe eine angemessene Praxis aus?

Wir werden diese Herausforderungen jetzt unter anderen Bedingungen weiterverfolgen: mit all denen, die sich in den letzten Tagen an den Diskussionen beteiligt haben und die an unserem Prozess der Organisierung einer radikalen Linken in der BRD weiter teilhaben wollen.
Am 5./6. Juli 2008 wird das nächste Treffen stattfinden; eingeladen ist, wer sich zur Mitarbeit entschlossen hat.

Interventionistische Linke, 1. Mai 2008

 

 

Protokoll der Offenen Arbeitskonferenz der IL, Marburg, 25. – 27. 4. 2008

Die Teilnahme von fast 250 Leuten erfüllte unsere Erwartungen. Wichtig: rund die Hälfte der TeilnehmerInnen kam aus der IL bzw. aus der IL verbundenen lokalen oder regionalen Gruppen, die andere Hälfte waren Interessierte „von außen“: solche mit eher „autonomen“ oder „Antifa“-Hintergrund („dissent!“-Spektrum, aber auch z.B. Antifa F aus Ffm); solche mit eher partei- und/oder traditionslinkem Hintergrund (solid!, SDS-linksjugend, LINKE, aber auch DKP, außerdem, an der IL immer schon beteiligt, GenossInnen der isl) sowie Einzelpersonen. Erwähnt seien ausdrückliche Absagen aus unverrückbaren Terminüberschneidungen z.B. aus Hamburg oder Karlsruhe.

Eine Durchsicht der mündlich bzw. per Email formulierten Reaktionen sowie der Berichte in ak und SoZ ergibt eine eher positive, gleichwohl durchwachsene Bewertung:
  • Eher positiv, was das Zustandekommen, den generellen Ablauf, die Stimmung und einzelne Veranstaltungen (wie z.B. das Antifa- und das Kriegs-Panel, die talkshow und eine Vielzahl informeller Begegnungen) angeht.
  • Kritisch, was die Auftakt- und Abschlussveranstaltung und das Panel Soziale Kämpfe angeht.
  • In mehreren Kommentaren (vgl. ak/SoZ) wurde auf ein Missverhältnis zwischen der erwiesenen aktivistischen Kompetenz der IL (auch bzgl. der Durchführung der Konferenz) und ihrer „inhaltlichen“ Kompetenz aufmerksam gemacht.
  • Kritisch angemerkt wurden schließlich auch nicht erreichte Klärungen über das „Projekt IL“ selbst, z.B. hinsichtlich der angestrebten Öffnung nach allen (?) Seiten bzw. der angestrebten Breite, aber auch hinsichtlich des angestrebten Organisierungstyps (von „Bündnis“ über „Netzwerk“ bis zu „Organisation“ engeren Sinns).
  • Zu diesem Komplex offen gebliebener Fragen gehören auch die nach dem bisweilen unterschiedlichen Verhältnis der lokalen/regionalen Gruppen und der Einzelpersonen zueinander und zur IL etc. etc.

Das Protokoll geht den Panel- und Workshop-Diskussionen detailliert, den Plenarveranstaltungen gröber nach: was nicht nur an den ProtokollantInnen, sondern auch am „Allgemeinheitsgrad“ und damit an der Mehrdeutigkeit der nicht/erreichten Verständigung liegt. Davon abgesehen wird im Protokoll schon aus dem Umfang der einzelnen Abschnitte sichtbar, dass zumindest die der IL verbundenen Gruppen einen deutlichen Schwerpunkt in der Antifa-Arbeit haben – und dass die Verständigung und der Austausch über „soziale Kämpfe“ (im engeren Sinn des Worts) noch am Anfang stehen.

Konsens war prinzipiell die Bereitschaft, am Kern der Sache festzuhalten: an der bundesweiten Organisierung selbst bei Öffnung auf andere und an deren jetzt fortzusetzender Erprobung in aktivistischer Hinsicht wie in Hinsicht auf erst zu führende strategische und programmatische Debatten.

Auftakt am Freitag Abend

Durchwachsene Rückmeldungen, das Panel hat Begrüßung und Eröffnung geleistet, doch kam eine im Prinzip „in der Luft“ liegende Debatte nicht wirklich in die Gänge, obwohl aus dem Plenum deutliche Fragen aufgeworfen wurden. Sei’s drum, war ok...

Auftakt am Samstag morgen

Vorstellung des IL-Spektrums über drei ausgewählte „Positionen“ (attac-Linke, Avanti, OA), jeweils der Frage nachgehend, was die SprecherInnen (und damit andere) eigentlich in der IL suchen. Hat eingelöst, was erhofft wurde und wurde deshalb auch allgemein als gelungen bewertet. Gilt so auch für die folgende Murmelrunde im Plenum.

Es folgten die Paneldiskussionen zu Antifa, Krieg und Sicherheit, Klima, Sozialen Kämpfen, Globalen Sozialen Rechten/AntiRa; auf die auffällige Differenz im Umfang zwischen dem Antifa-Panel und den anderen Panels wurde schon verwiesen.

A: Panels Samstag:

1. Antifa:

  • ca. 100 Besucher und damit eines der bestbesuchtesten Panels der ganzen Konferenz
  • Podium: ALB, Avanti (Kiel), ALI, RL und Antifa Kok (Moderation)
  • Publikum bestand aus dem klassischen IL-Spektrum, aber auch extra angereisten Gruppen (Beispiel: Antifa (f) - Frankfurt)
  • seit langem eine bundesweite Antifadiskussion
  • Ziel war nicht, gemeinsame Projekte zum Abarbeiten zu finden, sondern eher, Unterschiede aufzuzeigen, um so Ansätze einer gemeinsame Strategie und Intventionsmöglichkeiten zu finden.
  • diskutierte Projekte im Rahmen der IL: Anti-Islam-Konferenz im September 2008 in Köln oder Nazi-Großaufmarsch im Februar 2009 in Dresden

Leitfragen:

  • Antifa in der IL
  • AIB-Texte von Avanti und ALB
  • Antifaarbeit in verschied. Städten / Unterschiede
  • aktuelle Situation der neofaschistischen Strukturen
  • Unterschiede herausarbeiten - > für ILer sichtbar machen

ALB: Vorstellung; Schwerpunkt der Arbeit überwiegend in Ostdeutschland; Kulturarbeit; Antifaschismus mit Antikapitalismus verknüpfen; alljährliche Silvio Meier-Demo; Jugendarbeit; klassische Anti-Nazi-Arbeit; Arbeitsschwerpunkt: Thor Steinar; Neonazis und soziale Frage; Zusammenarbeit mit Gewerkschaften;

ALI: seit 2004 Wegfall der Antifa (M); keine klassische Antifa-Arbeit; Internationalismus; Soziale Frage; keine organisierte Naziszene in Göttingen; liberales Bürgertum in Göttingen als Arbeitspartner; Bündnisarbeit mit verschied. gesellschaftl. Strömungen; ALI nimmt bei Bündnissen dominante Position ein; Inhalte der Gruppe werden durch veröffentlichte Aufrufe deutlich; andere Situation mit Neonnazis im Harz, daraus folgte eine größere Kampagne in der Region;

Avanti (Kiel): Politik von Avanti am Beispiel: Kiel; klassische Antifarbeit seit 80iger Jahre; Recherche, antifa.net, europa-kontakte (Dänemark); haben an bundesweiten Antifadiskussionen teilgenommen; Teil des Bundesweiten Antifa Treffen (BAT) gewesen; Antifa nicht "Teil des Ganzen" - sondern Schwerpunkt Antifa "weil wirs müssen"; Notwendigkeit erkannt durch Situationen in der BRD; Avanti war immer Teil von Bündnissen/Runder Tisch; antikapitalistische Position "Kieler Erklärung" werden in das Bündnis getragen; Risiko Bruch mit dem Bündnis; dieses Erklärung wurden getragen; seit dem großer Bestandteil vom Runden Tisch; wer sich beteiligen will an Bündnissen gegen Nazis, muss teil der "Kieler Erklärung" sein; ab 97 Wunsiedel, Rudolf Hess, Großaufmärsche; damit änderte sich die Antifaarbeit hinzu AntiNazi-Arbeit; bisher fehlt die richtige Antwort zum Umgang mit den Aufmärschen; mit dem neuen Auftreten der Nazis (Demos, Style ...) gründetete sich die Kampagne "NS Verherrlichung stoppen!"; 10 Jahre wurden angesetzt um einen Weg zu finden mit dem Problem Naziaufmärsche umzugehen; Avanti/Antifa Ag sucht in der IL Kontakt und Diskussion zu neuer Praxis

Radikale Linke (Nürnberg): Antifa; Kulturarbeit; Soziale Kämpfe; Jugendarbeit; inhaltliche Arbeit; Öffentlichkeitsarbeit (Presse & Bevölkerung); Altersspanne zwischen 20 – 50; mit dem Bruch in der Antifaszene - Themenwechsel zu Antikap ist "Antifa-KnowHow" verloren gegangen (Telefonkette ...); Nürnberg ist sicher für Linke / keine Nazis auf der Straße; AntiAntifa sehr aktiv / 1. Mai 08 -> Naziaufmarsch der NPD; bei Naziaufmärschen: Bündnis und eigene Aktionen (zweigleisig fahren); Nürnberg kann es sich leisten, da große linke Szene vorhanden ist; Zusammenarbeit mit DGB Dachverband funktioniert nicht (Strategie des DGB bei Aufmärschen: aktives Ignorieren); trotzdem Gewerkschaften mit in Bündnissen; klassische Arbeit gegen z.B. Naziladen; Bevölkerung mit einbinden wird versucht, klappt nicht immer; es gibt Antifa-Aktionsbündnis; Bündnis macht Arbeit zu Innere Sicherheit, Krieg, Anti-Nazi; Anti-Antifa Problem für die Antifa; machen seit 15 Jahren aktive Arbeit; Vermutung liegt nahe, dass Staat mischt mit / Handlanger beim Staatsschutz; es gibt strategisches Handeln; sicheres Auftreten; vermehrt Kampagnen gegen AntiAntifa (Offene Betroffeninitiative, kollektives Anzeigestellen); Nazis erfahren keine Repression beim Handeln; Grüne in Bündnisarbeit einbezogen (eher untypisch).

Wie arbeiten im Osten?

ALB: NPD schafft es sich als Alternative zu geben; Kampf um Vorherrschaft auf der Straße; teilweise in Ostdtl verloren; schwierige Arbeit (durch Bedrohungen); Naziläden (Thor Steinar); Wahl in Sachsen wurde von allen Linken unterschätzt; versuchen zu mobilisieren gegen Nazis (Parlamente, Vereine, Läden); Intervention auf der Straße gegen Nazis; Naziaufmärsche / Bedeutung / Nazistrukturen

Avanti: Nazis in Parlamente gesellschaftliche Problematik; darum für NPD-Verbot; Nazis haben Normalisierung (von NS-Bekenntnis, Aufmärsche ...) erreicht; gezieltes Raussuchen von bestimmten Aufmärschen (delegitimieren!);

ALI: liefert mit Militanzbildern/Symbolik Gründe für Naziaufmarschverbot; auch Aktionen; Identitäten (Militanzfetisch) ist wichtig!; antifa ist aktionistisch - darum, okay!; kids, die randalieren, weil sie G8-Videos sehen ist unser Potenzial

Wo können Nazis in der Gesellschaft anschließen?

ALB: Intervenieren, da, wo Nazis versuchen anschlussfähig zu sein; Wunsiedel hatten Nazis keine Anknüpfung zu Gesellschaft; Gegenteil: Hartz-IV-demo; Normalisierung von rechten Codes (Thor Steinar); rassistische Hetze gegen Moscheenbauer;

Avanti: Gegenbeispiel: Mittweida ist gesellschaftlich akzeptierter Geschichtsrevisionismus; Dresden auch! durch rotgrünen Geschichtsrevisionismus konnten Nazis laufen;

Gemeinsamkeiten der Gruppen

  • beschäftigen sich mit dem Thema soziale Frage
  • sind bündnisfähig auch in großen Bündnissen
  • arbeiten seit längerem organisiert
  • bei der Frage: wo kann die IL im Bereich Antifaschismus intervenieren, kam man zu keiner Gemeinsamkeit
  • Unterschiede der Arbeit konnten aufgewiesen werden
  • alle Gruppen beschäftigen sich mit der Sozialen Frage -> umso unverständlicher, dass man keine Gemeinsamkeit findet, ausser Dresden (13. Februar 2009) ?

Wie weiter:

  • angedacht wurde, zu Dresden zu arbeiten
  • Idee eines großen bundesweiten Bündnisses
  • Avanti (Kiel) will integrativ arbeiten, mit Antifa-Gruppen aus Dresden

 

2. Krieg und Sicherheit

Längerer Input durch RAK Hannover mit dem Vorschlag einer prominenten Beteiligung der IL an der sowohl aus der deutschen wie der französischen Linken/Friedens- bzw. Anti-Kriegs-Bewegung geplanten Kampagne gegen das NATO-Treffen in Kehl / Straßbourg. Inhaltliche Präzisierung des IL-Beitrags aus einer Position der „Wehrkraftzersetzung“. Damit daraus eine Intervention wird, die über das Event hinausweist, sollen die Gruppen der IL auch an den Orten, an denen sie arbeiten, gegen das Militär aktiv werden. Diese Aktivitäten vor Ort sollen wesentlicher Teil der Mobilisierung sein.

  • Für die konkretere Planung / Umsetzung schlägt das Panel die Bildung einer "Projektgruppe" innerhalb der IL vor.
  • Über den Vorschlag hinaus wurde betont, dass es neben einer bundesweiten Mobilisierung eine internationale Zusammenarbeit geben muss.
  • Auch Gruppen ohne antimilitaristische Praxis vor Ort sollen bei der Entwicklung der Praxis unterstützt werden, durch die IL und zum Thema arbeitende Gruppen
  • Alle antimilitaristischen Ereignisse der nächsten Zeit (Afghanistan-Entscheidung, Siko München,...) sollen / können möglichst in die Kampagne eingebunden werden.

Im Panel wurde positiv erwähnt, dass die Kampagne auch die Möglichkeit eröffnet, Anknüpfungspunkte / Schnittstellen zu anderen Politikfeldern herzustellen. Trotz unterschiedlicher Schwerpunkte in den folgenden Diskussionen der AGs wurde ein deutliches Interesse an der Kampagne formuliert, wobei alle Beteiligten darum rangen, für alle auftauchenden Schwierigkeiten Lösungen zu finden.

Bei der zu knapp bemessenen Zeit konnte vieles aber nur angerissen werden. Kritisch wurde angemerkt, dass der Komplex "Sicherheit" zu wenig Beachtung fand. Festzuhalten aber in jedem Fall, dass die Kampagne nicht nur als Gelegenheit eines weiteren gemeinsamen Aktivismus, sondern auch einer programmatisch-strategischen Verständigung der IL (Komplex Imperialismus/Empire/“Sicherheitsstaat“ etc.) angegangen werden soll.

 

3. Klima

Es gab zu Beginn einen Input von Avanti, der die Eckpunkte und Fallstricke der Klimadebatte aufmachte. Es wurden drei Arbeitsgruppen gebildet:
  • Interventionistische Politik (z.B. Klimacamp),
  • grundsätzliche inhaltliche Fragen („Alles für alle“ vs. ökologische Verzichtsethik)
  • Was heißt hier „strategische Bündnisorientierung“.
Im Ergebnis wurde diskutiert, wie wir im Feld der Klima-Auseinandersetzung inhaltliche und praktische Perspektiven entwickeln können.

Ein wichtiger Eckpunkt ist dafür das Klimacamp von 15.-24.8.2008 in Hamburg (im Rahmen des strategischen Dopppelcampings). V.a. die Massenaktion während des Camps soll von der IL unterstützt werden. Inhaltlich wurde besprochen, dass wir mit der Forderung nach Vergesellschaftung der Stromkonzerne (wie sie z.B. gerade attac stellt und damit auch gesellschaftsfähig macht) versuchen können, in die Offensive zu kommen (vgl. Strategiepapier von der Initiative K, Antifa-KOK). Die Forderung bietet die Möglichkeit sowohl Anschlussfähigkeit an die Sozialproteste herzustellen (z.B. Recht auf Energie/ Kostenlose Basis-KwStd-Satz, Antiprivatisierung) als auch an die Frage der Produktionsbedingungen (also nicht nur Konsumkritik) heranzukommen.
Wir einigten uns, uns beim nächsten IL Treffen wieder zur der Klimafrage zusammen zu setzten.

4. Soziale Kämpfe:

Siehe Vorbemerkung zum Protokoll. Austausch über lokale Praxen der IL-Gruppen wurde angegangen, doch blieb die anschließende Diskussion (unter der Frage nach einer gemeinsamen Aktivität) ergebnislos. Ein Hoffnungsschimmer: Dennoch große Resonanz und Interesse, die Diskussion in der IL weiterführen: 5./6.Juli

5. Globale Soziale Rechte

Vorstellung der von attac, FIAN, Greenpeace, IGM, kein mensch ist illegal und medico eröffneten „Initiative für GSR“ und Diskussion ihres Potenzials für eine inhaltliche und politische Weiterentwicklung sowohl der Initiative selbst wie der IL: letzteres – hier gabs ein Missverständnis! –

  • in puncto „strategische Bündnisorientierung“ und
  • entlang eines möglichen und erst zu entwickelnden linksradikalen Beitrags zur Problematik.
Aus der Zusammensetzung der Initiative ergeben sich jedenfalls Bezüge auf zentrale gesellschaftliche Auseinandersetzungen: Nord-Süd-Verhältnis, transnat. Arbeitskämpfe, Prekarisierung/Grundsicherung/Existenzgeld, Anti/Rassismus. Offen, was privilegierter Ansatz einer linksradikalen Intervention wäre: kapazitätsbedingt bietet sich hier die AntiRa-Praxis an – wurde aber nicht geklärt.
  • Es gab ganz ausdrückliches Interesse an dem gegenwärtig in der Initiative diskutierten Projekt einer militanten Untersuchung unter der Leitfrage „Was macht mich krank“ - auch hier die Frage nicht nach einem bloßen Anschluss, sondern nach einem eigenen Beitrag der IL.
ANMERKUNG: Unglücklicherweise hat die „Initiative“ selbst ausgerechnet am 6. Juli ein bundesweites Treffen speziell zur Öffnung auf andere angesetzt, das von 11 Uhr an bei der IG Metall in Ffm stattfinden wird. Deswegen werden die jetzt schon beteiligten IL-Genossen das IL-Treffen vorzeitig verlassen müssen; es wäre gut, wenn mindestens Avanti und FelS, die Interesse an einer Mitarbeit angemeldet haben, dies auch ihrerseits berücksichtigen und für eine Vertretung sowohl in Hannover wie in Frankfurt sorgen könnten.

 

Samstag Abend: Die Talkshow

Die abendliche „Talkshow“ einschließlich der vorangehenden Publikumsbefragung wurde allgemein als gelungen bewertet: IL-AktivistInnen unterschiedlicher Generation gewährten Einblicke in ihre Politisierungsgeschichte und umrissen so, was in der IL an unterschiedlichen Erfahrungen zusammenkommt und wie daraus ein Gemeinsames werden kann: to be continued...

 

B: AGs und Panels des Sonntags:

1. Panel/AG Aktionsformen:

Es gab einen Input von Avanti und von der ALB.
Avanti schlug zur Bestimmung interventionistischer Aktionsformen vier Koordinaten vor - Organisierung, Verantwortlichkeit, Solidarität und Radikalisierung - und machte darüber hinaus Aktionstraining als Methode stark, um Handlungsfähigkeit auf Aktionen zu erhöhen.

Die ALB beschäftigte sich mit der Frage, wie Bezugsgruppen über die konkrete Aktion hinaus stärker und kontinuierlich eingebunden werden können und plädierte dafür, „mit Organisiertheit und Chaos“ Räume zu schaffen, in denen die Polizei die Lage nicht mehr im Griff hat.

In der Diskussion wurden verschiedene Punkte besprochen. Konsensfähig war, dass die IL zu Aktionsformen ein taktisches und kein moralisches Verhältnis haben sollte. Auch sollte die Weiterentwicklung von Aktionsformen (vom Protest zum Widerstand) weiterhin Thema der IL sein.

In der Nachbetrachtung von Block G8 wurden noch verschiedene Fragen rund um Aktionskonsense der Zukunft und das Verhältnis von Vorbereitung und Selbstorganisation angerissen.

2. Strategische Bündnisorientierung:

Input von „Einzelpersonen“ auch außerhalb der IL (glocal Hanau, isl/Euromärsche) - Grundfrage, dass und inwieweit sich hinter dem Begriff der „strategischen Bündnisorientierung“ eine Variation der alten Reform/Revolutions-Problematik verbirgt, Variation des Versuchs, ein „Entweder-Oder“ zu vermeiden. Gerade deshalb darin die Chance einer genaueren Bestimmung des Begriffs/Projekts der IL als eines eigenständig linksradikalen und zugleich „strategisch bündnisorientierten“ politischen Subjekts. Wie Heiligendamm: Versuch einer effektiven Produktion von Gemeinsamkeit. Gelegenheiten weiterer Erprobung jetzt, vorschlagsweise: 60 Jahre NATO und Globale Soziale Rechte/mil. Unters. „Was macht uns krank?“. In der Debatte immer wieder: Problematik nicht nur, aber eben auch lokaler Interventionen in die Arbeits- und Produktionsverhältnisse: dringend, doch wenig Ansätze, viel Scheiternserfahrungen – Diskussionsbedarf, nicht zuletzt mit Sozial-AG.

3. Organisationsformen:

IL als politisches Subjekt braucht schon in nächster Zeit bundesweite Strukturen eines handlungsfähigen Zusammenhangs und darin auch der Entscheidung. Dazu ist – wie eingangs schon angemerkt - das Verhältnis der beteiligten „Subjekte“ zu klären: das Verhältnis der lokalen/regionalen Gruppen wie der Einzelpersonen zueinander und zur IL, auch die Frage, welche Rollen lokalen Gruppen zukommen kann, die sich – wie in Köln geschehen – unmittelbar als „IL-Gruppen“ gründen.

Kernfrage, ganz im Ernst: Was muss darin „Struktur“, was „Prozess“ sein?

Ziel dieses Panels ist es – oder sollte es sein -, die Fragen rund um die Organisierung der iL-Strömung diskutier-, auch handhabbar für die iL zu machen.

Die Organisationsfrage begleitet die linke Bewegung von Beginn an. Es gibt unzählige Erfahrungen, unzählige Modelle – auch die Behauptung, etwas Neues zu schaffen, hat es schon x-mal gegeben. An all diesen Versuchen wollen wir uns jetzt nicht abarbeiten.

Wir wollen dagegen versuchen, diese Frage sehr eng an den widersprüchlichen Bedürfnissen und Notwendigkeiten der Organisierung einer Strömung zu thematisieren. Es sind unsere Fragen, unser Problem, es geht um Lösung für uns, diesen Prozess.

Alles was wir vorschlagen müssen wir immer wieder ins Verhältnis zum Ziel und Zweck einer interventionistischen linken Strömung setzen:
  • in den gesellschaftlichen Auseinandersetzungen eine radikale, unversöhnliche, fundamentaloppositionelle Position zu artikulieren – und darüber die Frage der notwendigen Umwälzung der gesellschaftlichen Verhältnisse (wieder) auf die Tagesordnung zu setzen.
  • gegen die bestehenden gesellschaftlichen, ökonomischen und politischen Verhältnisse Handlungsmöglichkeiten zu eröffnen, die radikal, grenzüberschreitend und tendenziell massenhaft sind.
  • durch die Organisierung einer links-radikalen Strömung, durch die Schaffung eines Feldes der Zusammenarbeit mit anderen linken und demokratischen Spektren („strategische Büdnisorientierung“) sich an dem Entstehen eines oppositionellen „Blocks“ zu beteiligen, der tendenziell die „kulturelle Hegemonie“ des kapitalistischen, neoliberalen etc Blocks wendet bzw. bricht.

Für diese Möglichkeiten und Notwendigkeiten gilt es also Struktur von Organisierung zu finden. Dabei bewegen wir uns bereits jetzt in diesen widersprüchlichen Vorgaben:

  • Die iL „sammelt“ und vernetzt links-radikale Aktivist/innen und Initiativen, Gruppen etc – allerdings ohne Sammlungsbewegung oder Netzwerk zu sein.
  • Die iL bringt unterschiedliche linke Traditionen und Sicht- und Handlungsweisen zusammen, und muss doch viel mehr als ein Bündnis sein.
  • Die iL „beansprucht“ antagonistische Orientierung und linke „Meinungsbildung“ - und darf auf keinen Fall ein Ideologieproduzent werden.
  • Die iL muss Organisierung schaffen, aber die Autonomie der Aktivist/innen und Initiativen nicht einschränken; im Gegenteil, die politische Selbstständigkeit und Handlungsfähigkeit muss freigesetzt werden.
  • Die iL muss erkennbar und authentisch orginär sein, also viel mehr als „die Summe ihrer Teile“.
  • Letztlich muss sie radikaler sein als die lokalen Gruppen oder bereichsspezifischen Initiativen. (radikal hier mit „strategischer Fähigkeit“ übersetzt, die lokal oder themenbezogen, auch nur lokal oder themenbezogen sein kann oder oft ist).
  • Die Organisierung einer iL beinhaltet (nicht nur) so herum, die Organisierung der Fähigkeit, die Mittel und Methoden, die Projekte und Kampagnen immer wieder neu aus den Zielen, wie aus den gesellschaftlichen Möglichkeiten und Notwendigkeiten zu entwickeln. usw usw

Die iL bewegt sich in differenten politischen und sozialen, tendenziell linken Feldern, Verbänden etc. Mal als Einzelne, mal als kleinere Gruppen. Daraus sehen wir die Notwendigkeit der Schaffung eines Ortes der Diskussion, Verständigung und Artikulation, aber auch als Bezugspunkt, „Verortung“ vieler noch (!) einzelner Aktivist/innen..., gemeinsame Organisierung in einem Projekt von Einzelnen und Gruppen...

Das Letzte was die Linke braucht, ist ein weiterer bürokratischer Wasserkopf oder eine Organisation, die nur die autoritären, nicht transparenten Verkehrsformen der bürgerlichen Gesellschaft zu weiteren Blüten treibt. Dazu gehören für uns auch die beliebten „informellen Strukturen“, die wir für ziemlich autoritär halten.

Was die iL versuchen muss hinzukriegen ist nicht weniger als die Organisierung der Prozesshaftigkeit der kollektiven Intervention.

Auf der einen Seite steht eine notwendige Konzentration und Verstetigung – um Handlungsfähigkeit und Verbindlichkeit nach innen und außen herstellen zu können.
Deswegen braucht es Orte der Diskussion und Entscheidung oder Verabredung, die Erarbeitung gemeinsamer Einschätzungen und Aktionslinien usw

Auf der anderen Seite die Konstruktion des sich im Fluss Befindens und des in Frage stellen und Überprüfen.
Deswegen müssen Entscheidungen bzw. Verabredungen verantwortlich und nachvollziehbar sein; die Reflektion ist ein zentrales Element.

Die iL als Organisierung des Prozesses des Entstehens eines linksradikalen politischen Subjekts - subversiv, unangepasst, vernünftig – muss nach innen und außen sehr viel radikaler sein, als wie es im Begriff „Politik machen“ auch nur zu fassen ist.
Dazu gehört z.B. die stetige Reibung an den verschiedenen Erscheinungsformen des Spezialist/innentums durch gemeinsame Erarbeitung („lernende Strukturen“ statt Verfestigung der vorgegebenen Arbeitsteilung), Talente und Kreativität freisetzen...

Für uns gehört aber auch z.B. dazu, dass die iL bescheiden ist. Klar, wenn es gelingt, etwas auf die Beine zu stellen, sieht es nach außen oft mehr aus, als wie es real ist. Aber für eine Politik der Scheinproduktion sollte sich die iL nicht hergeben, also z.B. dadurch: wir rufen nur zu etwas auf, woran wir uns selber beteiligen...

Wie könnte all das aussehen:
  • Die iL besteht aus den in ihr aktiven Genoss/innen plus assoziierten Gruppen/Initiativen
  • Regelmäßige entscheidungs- und verabredungsfähige Treffen der Aktivist/innen
  • projekt- und kampagnenbezogenen Arbeitsgruppen
  • lokale und/oder regionale Vernetzungen und Gruppen
  • Klausuren und Seminare für den inneren gemeinsamen Erarbeitungsprozess
  • regelmäßige „Große Versammlungen“ oder Arbeitskonferenzen als zentrales Moment der Diskussion mittel- und langfristiger politischer und Aktionslinien

„Aktivist/innen-Treffen“ verstehen wir im Sinne des Wortes, nicht Deligiertenrat. Insbesondere die Gruppen müssen da umdenken, nämlich „ihren“ Genoss/innen diesen Raum geben und ermöglichen; gleichzeitig aber auch die Klausuren, Versammlungen und Konferenzen als Ort der gemeinsamen politischen Klärung und Ausrichtung anzunehmen.

Steht dieser „Vorschlag“ im Verhältnis zu den vorher genannten Widersprüchlichkeiten?

Der iL-Prozess ist keine Sache eines Hauruck-Verfahrens.

Erste Entscheidungen dazu sind noch in 2008, d.h. auf den nächsten Treffen der IL zu treffen, zunächst am 6./7. Juli.

 

Das Abschlusspanel

lief nach allgemeiner Einschätzung leidlich schief, die Enttäuschung wird durch die Hoffnung begrenzt, dass es sich dabei nur um ein Scheitern im Augenblick und aus aktueller Überforderung handelte, keinesfalls aus Unwillen. Dafür spricht, dass es trotzdem zu Beschlüssen kam:

  • Die Anti-NATO-Kampagne wird gemeinsam angegangen, Ansprechpartner ist zunächst RAK Hannover, eine „Projektgruppe“ wird gebildet.
  • bundesweite Austauschprozesse werden fortgesetzt: AG Soziale Kämpfe (Ansprechpartner dissident), Antifa (Ansprechpartner ALB) Aktionsformen-Trainings (Ansprechpartner Avanti), Initiative GSR/“militante Untersuchung“ (Ansprechpartner Th.S.)
  • Die IL unterstützt die geplanten Sommercamps (Klima/AntiRa) und wird sich daran auch beteiligen (Ansprechpartner Avanti).
WIE WEITER?
  • Zu diesem Treffen sind nicht nur die bisher beteiligten Gruppen und Einzelpersonen geladen, sondern alle TeilnehmerInnen der Offenen Arbeitskonferenz, die das wollen. Bitte melde/t Deine/Eure Teilnahme auf anmeldung@interventionistische-linke.de an.
  • Eingeladen sind natürlich auch GenossInnen, die an der IL teilnehmen wollen, doch in Marburg nicht dabei sein konnten. Anmeldung bitte über die selbe Adresse.
  • Zur Vorbereitung des Treffens kommen (wenigstens) drei Diskussionsvorschläge: Anti-NATO-Kampagne/„Wehrkraftzersetzung“ (RAK u.a.), Globale Soziale Rechte (Th.S./W.R.), Organisationsstrukturen (Avanti); weitere sind erwünscht: bitte kennzeichnen!
  • Selbstverständlich folgt rechtzeitig eine detaillierte Tagesordnung!

 

 

Presseartikel aus dem Neuen Deutschland vom 25.04.2008:

Im Zeichen des Iltis
Teile der radikalen Linken versuchen, sich verbindlicher zu organisieren

Von Peter Nowak

Die Interventionistische Linke sucht am Wochenende in Marburg nach gemeinsamen Perspektiven.

Maulwurf und Igel waren beliebte Symbole linker Organisationen. Jetzt will die Interventionistische Linke (IL) einen Iltis zu ihrem Erkennungszeichen küren. Immerhin beginnen beide mit »IL«, so die halb ernste, halb spaßige Begründung. »Für eine Linke, die dazwischengeht«, heißt die offene Arbeitskonferenz, zu der die IL am Wochenende an die Marburger Universität einlädt.

Seit mehreren Jahren bemühen sich Einzelpersonen und Gruppen aus der undogmatischen und post-autonomen Linken, sich als organisierte Strömung zu verstetigen. Bei den Gipfelprotesten von Heiligendamm im letzten Juni trat sie erstmals wahrnehmbar in Erscheinung. Kritische Stimmen blieben nicht aus. So werfen einige Teile der radikalen Linken der IL Beliebigkeit vor, unter anderem wegen ihrer vergleichsweise offenen Bündnispolitik und angeblich zu positiven Sicht auf die G8-Proteste.

Diese grundsätzliche Debatte klingt auch bei der Eröffnungsveranstaltung am Freitagabend an. Unter dem Titel »Zwischen Ereignis und Kontinuität, Autonomie und Organisierung, Radikalität und Bündnissen« sollen die Erfahrungen der globalisierungskritischen Bewegung von Genua im Jahr 2001 bis Heiligendamm 2007 ausgewertet werden. An den folgenden beiden Tagen stehen Arbeitsgruppen zu sozialen Kämpfen, Klimapolitik, Antifaschismus und Antimilitarismus im Programm. Die Tagung schließt mit einer Podiumsdiskussion, auf der sich Angela Klein von der Euromarschbewegung, Werner Rätz vom Koordinierungsrat von Attac und Christoph Kleine von Avanti über mögliche gemeinsame Aktionen austauschen.

Ein ähnlicher Versuch, aus den Erfahrungen von Heiligendamm Handlungsanleitungen für die Zukunft abzuleiten, ist bei den Perspektiventagen im Januar in Berlin nach Einschätzung vieler Teilnehmer ziemlich gefloppt. Warum sollte Marburg erfolgreicher enden? »Frust und Enttäuschung werden sich auch bei der IL nicht vermeiden lassen«, meint ein Vertreter der Antifa KOK, die das Projekt unterstützt. Doch er sieht bei der IL das Bemühen, aus der gesellschaftlichen Marginalisierung herauszukommen.

Für Moe Hierlmeier von der Fantômas-Redaktion haben die Aktivitäten gegen den G8-Gipfel in Heiligendamm gezeigt, dass eine interventionsfähige Linke etwas erreichen kann. Doch auch er fragt sich, wie diese Erfahrungen in die inhaltliche Bündnisarbeit vor Ort übertragen werden kann. Schließlich lag wegen der Vorbereitungen der G8-Aktivitäten genau diese Arbeit oft brach.

Das ist auch der Grund, warum die schon lange angekündigte Konferenz erst knapp zehn Monate nach Heiligendamm stattfindet. In der Zwischenzeit war die IL im Grunde nicht wahrnehmbar. Man habe Zeit für die internen Klärungsprozesse gebraucht, sagt ein IL-Mitglied. In autonomen Kreisen, die ohnehin skeptisch sind, unken einige, dass die IL spätestens im Jahr 2009, wenn die Mobilisierung gegen den G8-Gipfel in Italien ansteht, wieder auftauchen wird.

»Ich verstehe die IL nicht als tagespolitisches Projekt«, sagt dagegen Katja Strobel vom Institut für Theologie und Politik Münster. Sie warnt vor zu großen Erwartungen an die Marburger Arbeitskonferenz: »Es geht um einen langfristigen Organisierungsprozess.«